Kommunen droht der Bankrott

Städtetag in Nordrhein-Westfalen: Land muss Kommunen bei der Entschuldung helfen

  • Marcus Meier, Neuss
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Kommunen in NRW sind hoch verschuldet. Der Städtetag sieht ihre Handlungsfähigkeit bedroht – und hofft auf Hilfe aus Düsseldorf.

»Die Situation der Städte und Gemeinden in NRW ist katastrophal«, beklagte sich Peter Jung. Viele Kommunen stünden »mit dem Kopf unter Wasser«, so der Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal und neue Vorsitzende des NRW-Städtetages. Und Jung fuhr fort: »Die Einnahmen decken die Ausgaben nicht, und das schon seit vielen Jahren«. Land und Bund müssten viele NRW-Kommunen nun »vor dem Ruin retten«.

Darüber herrschte große Einigkeit auf der Mitgliederversammlung des Städtetages NRW, der gestern in Neuss tagte. »Städte in Not – Leistungen für die Bürger erhalten«, war das Treffen überschrieben. Die Versammlung beschloss eine Erklärung, in der vom Land NRW gefordert wurde: Mehr Geld für die Kommunen, insbesondere dann, wenn neue Aufgaben von oben nach unten delegiert werden. Schon jetzt sei die »Handlungsfähigkeit der Städte insgesamt« bedroht.

Sinkende Einnahmen in der Krise, steigende Ausgaben im Sozialbereich – diese Probleme betreffen auch die Kommunen in anderen Bundesländern. Doch an Rhein und Ruhr ist die Situation besonders dramatisch: Trotz enormer Kraftanstrengungen drohe »eine sich zunehmend schneller drehende Abwärtsspirale«, heißt es im aktuellen Gemeindefinanzbericht. »In vielen Städten und Gemeinden wird seit Jahren der Mangel verwaltet – marode Verwaltungsgebäude, desolate Straßen sind nur die sichtbaren Zeichen der strukturellen Unterfinanzierung.«

Unlängst hatte erstmals eine Rating-Agentur die deutschen Kommunalhaushalte untersucht. Ein Ergebnis: Die Bonität von 29 Prozent aller NRW-Kommunen gilt als »schwach« oder »sehr schwach«, so die Agentur Fitch. 2009 hatten die Städte und Gemeinden dort insgesamt 17,2 Milliarden Euro an kurzfristigen Krediten aufgenommen, um die laufenden Ausgaben zu decken. Damit finanziert man mittlerweile überwiegend Pflichtaufgaben: »Der politische Gestaltungsspielraum ist gleich Null«, schimpfte NRW-Städtetagschef Jung.

Als Gründe für die spezifische Situation in Nordrhein-Westfalen benennt er den Strukturwandel und Arbeitsplatzabbau »im einst durch Schwerindustrie geprägten Ruhrgebiet, aber auch bei uns im eher mittelständischen Bergischen Land«. Das mag vieles erklären, aber nicht, wieso die Kommunen in den ostdeutschen Länder Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Schnitt finanziell besser aufgestellt und daher kreditwürdiger sind als ihre NRW-Pendants. »Es freut uns, dass unser Geld gut im Osten angekommen ist!«, polemisierte der scheidende NRW-Städtetags-Vorsitzende Norbert Bude (SPD). Und sein Amtsnachfolger Jung beklagte sich: »Obwohl Wuppertal hoch verschuldet ist, müssen wir 20 Millionen Euro pro Jahr in den Topf für den Aufbau Ost bezahlen.«

Auf ND-Nachfrage räumte Jung ein, dass die Gewerbesteuerverluste die von ihm regierte Stadt härter träfen: 80 Millionen Einnahmeverlust allein durch die aktuelle Krise! Auch durch das Wachstumsförderungsgesetz seien die Kommunen »erheblich geschröpft worden«.

Nun droht nicht nur Wuppertal neues Ungemach: Im Sparpaket ist die Streichung der Sozialversicherungsbeiträge von Hartz-IV-Empfängern vorgesehen. Das heißt: Rentenansprüche sinken, die Städte müssen (Stichwort: Grundsicherung) in die Bresche springen. Jung befürchtet NRW-weit Neubelastungen im Milliardenbereich.

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