NRW ist nicht koalitionsfähig
Ampel-Sondierung gescheitert / Grüner Beck: Schwarz-gelbe Bundesratsmehrheit schnell kippen
Bereits das zweite Treffen zwecks Erkundung etwaiger Gemeinsamkeiten markierte das Ende der Ampel-Verhandlungen. Zwar boten SPD und Grüne der FDP ein finales drittes Gespräch an. Doch die Liberalen lehnten das ab. »Die FDP-Verhandlungsgruppe hat, ähnlich wie die Grünen, keine hinreichend tragfähige Grundlage erkennen können, um in Koalitionsverhandlungen eintreten zu können«, begründete FDP-Landschef Andreas Pinkwart dieses Vorgehen. Die Kernauseinandersetzung bestehe in der Schulfrage, so Pinkwart. Doch auch in vielen anderen Politikfeldern existieren erhebliche Konflikte insbesondere zwischen FDP und Grünen (ND berichtete).
SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft sagte, sie habe zeitweise den Eindruck gehabt, dass eine gemeinsame Regierung möglich sein könnte. Die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann warf der FDP vor, sie sei gespalten und habe nicht klar dargelegt, zu welchen Kompromissen sie bereit sei. Insbesondere in den Bereichen Energie und Klimaschutz soll man auf keinen gelb-grünen Ast gekommen sein. Auch einen Monat nach der Landtagswahl ist unklar, ob es in NRW zu Koalitionsverhandlungen jenseits diverser Vorgeplänkel kommen wird.
Zur Eile drängt Volker Beck, der prominenteste grüner Sondierer. Die schwarz-gelbe Landesregierung müsse »schnellstmöglich abgewählt« werden, schreibt der parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion auf der Internet-Plattform »twitter«. Beck appelliert an die »liebe SPD«, sie möge entweder eine Große Koalition mit der CDU oder eine Minderheitsregierung mit den Grünen bilden. »NRW darf angesichts des unsozialen Sparpaktes und des drohenden Ausstieges aus dem Atomausstieg die konservativ-liberale Politik im Bundesrat nicht länger durchwinken«. Bis auf Weiteres nimmt die kommissarische CDU-FDP-Regierung das Stimmrecht im Bundesrat wahr. Noch sichern die sechs NRW-Stimmen Merkels Mehrheit in der Länderkammer.
Rot-grüne Minderheitsregierung oder Große Koalition, das sind in der Tat die letzten Optionen. Zwar fordert CDU-Landesvorstand Elmar Brock die Grünen zu Gesprächen über eine Jamaika-Koalition auf. Die Grünen allerdings wollen Schwarz-Gelb nicht zur Macht verhelfen. Auch Neuwahlen würden laut Umfragen nicht zu den davon erhofften klaren Mehrheitsverhältnissen führen. In den Sondierungen mit der CDU schaffte es die SPD immerhin, alle drei anberaumten Gesprächstermine zu absolvieren. Der LINKEN gab man nach dem ersten, von der FDP bekam man nach dem zweiten Gespräch einen Korb.
Gestern erneuerte CDU-Frontmann Jürgen Rüttgers sein Angebot für Koalitionsverhandlungen. Taktisch leicht ungeschickt wählte er als Kommunikationsplattform die »Bild«-Zeitung. Das Springer-Blatt berichtete von einem »Katalog Rüttgers«. Darin lege der Noch-Ministerpräsident dar, in welchen Punkten sich CDU und SPD einigen könnten. Auch in der seit Jahrzehnten heftig umstrittenen Schulpolitik offeriert Rüttgers offenbar einen Kompromiss. SPD-Spitzenfrau Hannelore Kraft war dennoch nicht amüsiert: Sie sehe Rüttgers Verhalten »eher als Affront«. Die Basis für weitere Gespräche seien nicht Zeitungsartikel, sondern »unsere Sondierungen«. Für Konfliktstoff sorgt die Frage, welche der beiden Volksparteien den Regierungschef stellen darf: Wird es Kraft sein – oder doch wieder Rüttgers?
Eine Koalition mit der CDU wäre ein »Armutszeugnis für die SPD«, meint hingegen Klaus Ernst, der Bundesvorsitzende der Linkspartei. Er forderte Hannelore Kraft gestern zur Rückkehr an den rot-grün-roten Verhandlungstisch auf. Es müsse alles versucht werden, um den schwarz-gelben Sozialabbau über den Bundesrat zu stoppen, forderte Ernst. Die LINKE hatte SPD und Grünen in der letzten Woche eine formlose Tolerierung angeboten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.