Streichen an allen Ecken und Enden
Harter Sparkurs in Sachsen stößt auf Widerstand: Heute Großdemonstration erwartet
Der Einbruch fällt nicht ganz so dramatisch aus wie zunächst angekündigt: Auf jeweils 1,7 Milliarden Euro hatte Sachsens Finanzminister Georg Unland (CDU) die Löcher beziffert, die in den Jahren 2011 und 2012 im Landeshaushalt zu stopfen sein würden; nun sind es »nur« zwischen 1,2 und knapp 1,4 Milliarden, die in den Kassen des Freistaats fehlen. Gleichzeitig hat sich die schwarz-gelbe Regierung früh festgelegt, keinerlei neue Schulden aufnehmen zu wollen. Das sei das »Markenzeichen solider Haushaltspolitik«, sagte CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich gestern in Dresden nach einer Kabinettsklausur.
Ergebnis ist, dass die Koalition in den beiden nächsten Jahren an allen Ecken und Enden spart. Zwar betont Tillich, man verfahre nicht nach der »Methode Rasenmäher«. Doch bleiben kaum Posten verschont: Die Investitionen werden um 880 bis fast eine Milliarde Euro abgesenkt, Förderprogramme für den Städtebau und Denkmalschutz eingedampft, die Gelder zur Sanierung des Dresdner Schlosses gestreckt. Die Investitionsquote wird auf 16 Prozent sinken, allerdings hofft Tillich, dass Sachsen damit dennoch bundesweit Spitze bleibt.
Obwohl die Regierung beteuert, eine Priorität bei Bildung und Forschung zu setzen, wird auch dort an vielen Stellen der Rotstift angesetzt. Zwar rechnet Unland vor, dass der Anteil der Ausgaben in diesem Bereich »absolut und proportional steigt«. Weil aber keine andere Möglichkeit gesehen wird, das Geld für die von den Lehrern erkämpfte Rückkehr in die Ganztagsarbeit aufzutreiben, wird das gerade erst eingeführte kostenlose Vorschuljahr wieder abgeschafft. Sachsen zahlt zwar als eines von nur noch vier Ländern weiter ein Landes-Elterngeld, senkt aber die Sätze. Die Landesbühnen in Radebeul müssen künftig zur Hälfte aus den Geldern für die Kulturräume finanziert werden. Die Zuschüsse an die Zweckverbände beim Nahverkehr sinken um 7,5 Prozent.
Die Zahlen waren kaum präsentiert, da hagelte es aus der Opposition Kritik. Der SPD-Fraktionschef Martin Dulig nannte den Sparkurs »sinnentleert und rücksichtslos«, sein Kollege André Hahn von der LINKEN sprach von einem »Generalangriff auf Kommunen, Bildung und Sicherheit«. Er verwies darauf, dass die Kommunen 600 Millionen weniger bekommen, was eine »Investitionsbremse mit verheerenden Auswirkungen für die regionale Wirtschaft« darstelle.
Derweil beginnt sich die Gegenwehr gegen den Sparkurs zu formieren. Ein kürzlich gegründetes Bündnis von Studenten und Gewerkschaften, freien Trägern und Wohlfahrtsverbänden lädt für heute Nachmittag zu einem Sternmarsch und einer Kundgebung vor dem Landtag, zu der auch viele Lehrer und Polizisten erwartet werden. Dabei soll unter anderem mit Brillen und Sehhilfen gegen die »Kurzsichtigkeit der Kürzungspolitik« protestiert werden. Im Landtag wird heute ebenfalls erneut über den Sparkurs debattiert.
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