Vom Objekt zum Akteur
UNCTAD: Afrika profitiert von neuen Süd-Süd-Partnerschaften
Der Handel des Nordens mit Afrika funktioniert weiterhin nach einem Muster, das bis in die Kolonialzeit zurückreicht: Industriegüter gegen Rohstoffe und Agrarprodukte. Auch Investitionen aus dem Norden zielen in erster Linie auf die Ressourcen des schwarzen Kontinents ab. Das bringt den afrikanischen Staaten kurzfristige Gewinne ein. Eine nachhaltige Entwicklung und Diversifizierung der Volkswirtschaften kommt auf diesem Weg jedoch kaum voran.
Die Verlagerung des weltweiten Wirtschaftswachstums in den Süden ruft nun zunehmend neue Akteure auf den Plan. Entwicklungs- und Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien, die Türkei oder Südkorea werden zunehmend wichtige Geber für Direktinvestitionen in Afrika. Und wenn man der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) glauben darf, dann verspricht die Kooperation mit diesen Ländern mehr Chancen auf Entwicklung und Nachhaltigkeit, als die ziemlich einseitigen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Norden. Zu diesem Schluss kommt der am vergangenen Freitag in Genf vorgestellte UNCTAD-Jahresbericht zur wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas. Untersucht wurden dabei die Auswirkungen der veränderten globalen Kräfteverhältnisse auf Afrika, sowie die Trends in Handel, Investition und Technologietransfer.
Natürlich zielen auch die Investitionen der neuen Akteure meist auf Exploration und Förderung von Rohstoffen. Dennoch fördere die Süd-Süd-Zusammenarbeit den strukturellen Wandel der afrikanischen Volkswirtschaften, da ein erheblicher Teil dieser Investitionen in die Infrastruktur, ins Finanzwesen, in Landwirtschaft und Leichtindustrie fließe und eine größere Vielfalt und Qualität der Produktion ermögliche, so das Fazit des Berichtes.
Dabei ist diese Erkenntnis gar nicht so neu: Bereits 2008 überstieg der gesamte Handel Afrikas mit den Entwicklungs- und Schwellenländern, einschließlich der afrikanischen Länder, den Handel mit der Europäischen Union. Obwohl die UNCTAD nie ganz auf den neoliberalen Mainstream eingeschwenkt ist, verschweigt der Bericht einige negative Begleiterscheinungen der Süd-Süd-Kooperation: Der Ausverkauf ganzer fruchtbarer Regionen an Investoren aus Übersee, die weit verbreiteten Hungerlöhne, die nicht einmal den Grundbedarf der Beschäftigten sichern, Arbeitsbedingungen, die an die dunkelste Zeit der Sklaverei erinnern.
Die Süd-Süd-Kooperation sei noch in einem sehr frühen Stadium, heißt es in dem Bericht. Noch seien die traditionellen Geber aus dem Norden die wichtigsten Partner für Afrika, und das dürfte für die nächste Zeit auch so bleiben. Der Bericht empfiehlt daher, dass die Süd-Süd-Zusammenarbeit als Ergänzung gesehen werden sollte, und nicht als Ersatz für die Beziehungen mit Partnern aus den Industriestaaten.
Die größte Herausforderung für die afrikanischen Länder sei es, auf nationaler Ebene sicherzustellen, dass die Süd-Süd-Zusammenarbeit nicht die traditionellen Muster der wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Norden repliziere. Das soll über die Ausweitung des Engagements über den Rohstoffsektor hinaus und die Verbesserung des Wissens- und Technologietransfers erreicht werden. Voneinander lernen, dieses Motto empfiehlt der Bericht. Auch und vor allem, wie die Gewinne in den einzelnen Ländern besser verteilt werden können – Stichwort Armutsbekämpfung.
Aus dem Bericht geht ebenfalls hervor, dass die gleichmacherische »one-size-fits-all«-Politik von IWF und Weltbank, die Liberalisierung des Handels und marktwirtschaftliche Reformen nicht automatisch zu einem nachhaltigen Wachstum führen. Denn eines darf leider immer noch nicht vergessen werden: Afrika ist nach wie vor mehr Objekt als Akteur auf den globalisierten Märkten.
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