Umweltschutz kontra Forschungsfreiheit
Sachsen-Anhalt will milderes Gentech-Gesetz / Umweltschützer mahnen Verbraucherschutz an / Aufruf zu gentechfreies Mecklenburg-Vorpommern
»Genetisch veränderte Organismen sind nicht mehr rückholbar«, sagte die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Beate Jessel. Die Übertragung veränderten Erbgutes könne zu »nicht absehbaren Auswirkungen auf Ökosysteme führen«. Der Vertreter des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Felix Prinz zu Löwenstein, betonte, dass gentechnikfrei arbeitenden Landwirten Schäden entstünden, wenn ihre Produkte verunreinigt werden. »Die Kunden erwarten, dass wir ihnen Lebensmittel anbieten, die keine genetisch veränderten Organismen enthalten.«
Auch für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sind die Auflagen im Gesetz gerechtfertigt. »Agrogentechnik ist eine Risikotechnologie«, sagte Heike Moldenhauer vom BUND. Es müsse »selbstverständlich« für Landwirte das Recht erhalten bleiben, ohne Gentechnik produzieren könnten.
Vertreter von Bundestag und Bundesregierung verteidigten die bestehenden Regelungen ebenfalls. »Die Erfahrungen damit sind bisher durchweg positiv, alle Interessen kommen angemessen zur Geltung«, sagte der Bevollmächtigte der Bundesregierung, Gerhard Robbers. Staatssekretär Robert Kloos (CDU) vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erklärte, der Schutz der Umwelt habe höchste Priorität für die Bundesregierung.
Gentechnik-Befürworter sehen in den gesetzlichen Bestimmungen eine unangemessene Benachteiligung. Für den Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter warnte der stellvertretende Geschäftsführer Christoph Herrlinger, die Spitzenstellung der deutschen Pflanzenzüchter sei aufgrund der strengen gesetzlichen Regelungen in Gefahr. Der Bevollmächtige der Landesregierung von Sachen-Anhalt, Marcel Kaufmann, sagte, die Regelungen schränkten die Forschung, die Entwicklung und den Anbau der Gentechnik stark ein und seien daher verfassungswidrig. Ferner stelle das Standortregister, in dem alle Felder mit gentechnischem Anbau genau aufgelistet sind, eine erhebliche Belastung dar. »So wird jeder Freisetzungsversuch zu einem erheblichen finanziellen Risiko«, sagte Kaufmann. Zudem werde das Risiko einseitig auf die Verwender genmanipulierter Pflanzen verlagert.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesamt für Verbraucherschutz sehen keine Belege für Gesundheitsgefahren bei in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Produkten. Allerdings sei ein vollständiger Ausschluss von Risiken nicht möglich, sagte der wissenschaftliche Direktor des Bundesamtes, Detlef Bartsch.
Bis zu einer Entscheidung des Gerichtes wird es noch mehrere Monate dauern.
BUND sammelte Unterschriften gegen Agrogentechnik
Schwerin (dpa/mv) - 1840 Bürger haben Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD) mit ihren Unterschriften aufgefordert, sich gegen Gentechnik in der Landwirtschaft einzusetzen. Die Umweltorganisation BUND übergab am Mittwoch in der Staatskanzlei die Unterschriftenlisten und eine Petition. Die Unterzeichner verlangen von Sellering, eine Bundesratsinitiative zu starten für ein Selbstbestimmungsrecht der Länder und des Bundes, gentechnisch veränderte Pflanzen verbieten zu können. Sellering sagte, ihn ärgere, dass Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) den Anbau von Genkartoffeln im Nordosten erlaubt habe.Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
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