Männer verboten!
Freiburg betreibt das letzte Damenfreibad Deutschlands. Viele Besucherinnen sind Musliminnen
Am ersten Sommertag in Südbaden staut sich die Warteschlange vorm Kassenhäuschen des Freiburger Lorettobads. Endlich drinnen, ziehen die Besucher mit Sack und Pack auf die Liegewiesen des Familienbads oder verschwinden durch eine unscheinbare Tür. Die Aufschrift »Damenbad« ist eindeutig; hier haben männliche Badegäste nichts verloren. Ausnahme: Jungen bis zur Einschulung und männliche Rettungskräfte.
Was selbstbewusste Südbadenerinnen einst erstritten, nämlich den Anbau an die bis dato nur den Herren vorbehaltene Badeanstalt, wurde nach dem Ersten Weltkrieg zum Familienbad mit angeschlossener Damenabteilung. Bis Anfang der 1990er Jahre – dann stand der Betrieb wegen zu hoher Sanierungskosten vor dem Aus. Engagierte Bürgerinnen und Bürger setzten sich gemeinsam für den Erhalt der Gesamtanlage ein und retteten damit das letzte verbliebene Damenfreibad Deutschlands.
Mit und ohne Kopftuch
Beliebt ist das letzte Freibad seiner Art auch bei Musliminnen. »Ich bin jeden Sommer hier«, erklärt die Kurdin Belgüsar. Sie ist modern gekleidet und ohne Kopftuch, dennoch zieht die 39-Jährige den Frauenbereich dem Familienbad vor. »Da sind wir Damen unter uns«, zwinkert sie verschmitzt. Dagegen ist ihre Kopftuch tragende Cousine Rojet mit dreijährigem Sohn das erste Mal hier und freut sich darauf, vor Männerblicken verborgen, ihr Haar beim Sonnen und Baden offen zu tragen. Ein 13-jähriges Mädchen mit schwarzem Kopftuch, das seinen Namen lieber für sich behält, trifft sich hier mit ihren Freundinnen und deren kleinen Geschwistern. Anders Cristina: Die 15-Jährige geht mit Mutter Ute heute zwar zu den Damen. Mit ihren Freundinnen bevorzugt sie aber das Familienbad, verrät die Mama. Die Mädchen finden das wegen der Jungs »viel interessanter«, vermutet sie. Stammgast Erika Wagner zieht sich im Damenareal nur um, dann wechselt sie ins Familienbad, wo ihr gemischter Freundeskreis die 69-jährige Urfreiburgerin erwartet. Sie erinnert sich noch, wie sie und ihre Freundinnen in der Nachkriegszeit um das Bad bangten, weil es einige Jahre ausschließlich französischen Militärs vorbehalten war.
Mädchen, Studentinnen, junge Mütter, gesetzte Damen – Frauen aller Glaubensrichtungen bevölkern Liegewiese, Schwimm- und Kinderbecken. Einige »wollen auch oben ohne«, sagt Schwimmbadleiterin Claudia Held. 30 000 bis 40 000 Gäste habe die Damenabteilung pro Saison. Von allen Seiten durch ziegelüberdachte Freiflächen, Duschräume und einer undurchdringlichen Hecke vom restlichen Familienbad abgeschirmt, hat sich bis heute die Postkartenidylle des 19. Jahrhunderts erhalten – mit altem Baumbestand, einer Brunnenfontäne und der nicht enden wollenden Kabinenreihe.
Ein Jurastudent klagte
Die Damenbadkultur ist längst nicht so alt wie das Bad, entdeckte der Vorsitzende des Vereins der »Freunde des Lorettobads« Klaus Winkler. 1841 erbaut, wurden die Becken des Bades im Winter einst zur Eisproduktion für einen nahegelegenen Kühlstollen genutzt. Erst 45 Jahre später, 1886, habe der Anbau des Damenbades eröffnet.
Beinahe hätte das Bad 1978 den Doppelbetrieb sang- und klanglos eingebüßt, fand Winkler heraus. Ein Jurastudent versuchte damals, den gleichberechtigten Zugang zum Loretto-Damenbad gerichtlich zu erzwingen. Er scheiterte.
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