Schuldenbremse kostet Wachstum

Studie: Kürzungen werden sich auf Binnennachfrage auswirken

  • Marian Krüger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Studie im Auftrag der LINKEN zeigt, dass die Schuldenbremse eine Wachstumsbremse ist.

Fast 96 Milliarden Euro müssen Bund und Länder bis 2014 aufbringen, um die ins Grundgesetz eingefügte Schuldenbremse einzuhalten. Der Bund muss ca. 86 Mrd. Euro aufbringen, die Länder ca. 10 Milliarden. Dies geht aus einer Studie hervor, die im Auftrag der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Linkspartei am Freitag in Wiesbaden vorgestellt wurde. Mehr als die Hälfte dieses Handlungsbedarfes soll durch Kürzungen erbracht werden, die unmittelbar die Binnennachfrage betreffen werden. Das wären immerhin ca. zwei Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes. »Die Schuldenbremse wirkt als Wachstumsbremse und schlägt allen vernünftigen sozialpolitischen Erfordernissen ins Gesicht, erklärte der Vorsitzende der Konferenz, Peter Erlanson, Linksfraktionsvorsitzender in Bremen.

Der junge Wirtschaftswissenschaftler Klemens Himpele, der die Studie für die LINKE erstellte, wies darauf hin, dass zehn der 16 Bundesländer nach seinen Prognosen die Ziele der Schuldenbremse bis zum Jahre 2014 verfehlen könnten. Ab 2011 müssten die Länder, um das ab 2020 für sie bestehende Verbot der strukturellen Neuverschuldung einzuhalten, jährlich zehn Prozent ihres Haushaltsdefizits abbauen. »Gerade die Länder, wie Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, die in der Föderalismuskommission am lautesten nach einer möglichst harten Schuldenbremse gerufen haben, weisen in ihren mittelfristigen Finanzplänen die größten Probleme aus«, so Himpele.

Allein Bayern weise für die Jahre 2011-2013 einen zusätzlichen Konsolidierungsbedarf von ca. 8,2 Mrd. Euro in seiner mittelfristigen Finanzplanung aus. Nordrhein-Westfalen schiebe Defizite von ca. 6 Mrd. Euro vor sich her, die nicht nennenswert abgebaut werden. Da die Länder, anders als der Bund, kaum über Möglichkeiten verfügen, ihre Haushaltsprobleme einnahmeseitig zu lösen, seien so »Kürzungen bei Investitionen, Bildung und Personal« vorprogrammiert.

Schleswig-Holstein, wo kürzlich die Schuldenbremse auch in die Landesverfassung übernommen wurde, liefert ein Referenzbeispiel für Himpeles Prognose. 5300 Stellen sollen gestrichen werden, in der Mehrzahl im Schulbereich; an den Hochschulen sollen ganze Studiengänge dicht gemacht, die Landeszuschüsse für die Schülerbeförderung komplett eingestellt werden, Investitionen für Straßen sollen sinken. Dennoch verfehlt auch Schleswig-Holstein nach Himpeles Prognose langfristig das Konsolidierungsziel. Himpeles Thesen erhalten aus unvermuteter Richtung Unterstützung. Auch in der »FAZ«, die bislang eher wenig durch eine kritische Kommentierung der Schuldenbremse auffiel, warnt nun der Magdeburger Politologe Wolfgang Renzsch: Die Bildung werde »zwangsläufig zum Sparschwein der Nation«, weil die Spielräume der Länder durch die Schuldenbremse immer enger werden.

Die brandenburgische Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski (LINKE) erklärte in Wiesbaden: »Die Unterfinanzierung des Staates hat ein besorgniserregendes Maß erreicht.« Steuererhöhungen, insbesondere auf hohe Einkommen, Besitz und Vermögen, seien daher ein Gebot der Stunde. »Inzwischen werden ja die steuerpolitischen Forderungen der LINKEN unter dem Druck der Krise bis in christdemokratische Kreise übernommen«, sagte Oskar Lafontaine, der sich als saarländischer Fraktions-Chef an der Debatte beteiligte. Dies müsse genutzt werden, um neue Bündnisse auf Bundesratsebene zu versuchen.

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