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Ganzes Land im Delirium
Nach dem Erfolg gegen die USA ist Ghana im Ausnahmezustand. So wie ich die Menschen dort kenne, wurde der Einzug ins Viertelfinale die ganze Nacht durchgefeiert und das gesamte Land liegt im Delirium. Der Enthusiasmus ist riesig und der ganze afrikanische Kontinent fiebert mit, wie weit es Ghana noch schafft.
Aber schon jetzt hat das Team mit dem dritten Viertelfinaleinzug einer afrikanischen Mannschaft bei einer WM viel erreicht. Und nach dem desaströsen Abschneiden der anderen fünf afrikanischen Teams nehmen sich andere Verbände Ghana vielleicht als Beispiel. Seit Jahren ist es das in der Fußballarbeit stabilste Land. Auch nach kleinen sportlichen Rückschlägen hat man sich in Ghana nicht aus dem Konzept bringen lassen, der Trainer Milovan Rajevac ist schon seit zwei Jahren im Amt und kann in Ruhe ein Team formen.
Der Erfolg durch Kontinuität hat vielleicht einen positiven Effekt auf andere Verbände, bei denen es in der Organisation immer noch drunter und drüber geht und die keine Struktur in der Mannschaft haben. Für mich ist schwer zu verstehen, warum man drei Wochen vor Turnierbeginn einen neuen Trainer holt oder einen Spieler mit einem Ellbogenbruch spielen lässt.
Im Viertelfinale wird es für Ghana schwerer als gegen die USA, die am Ende nicht mehr mithalten konnte. Entscheidend ist, ob Kevin Prince Boateng rechtzeitig fit wird. Ein Team braucht so einen Leader – was passiert, wenn man keinen hat, konnte man beim Spiel der Schweizer gegen Honduras sehen. Mit Boateng hat Ghana auch gegen Uruguay eine Chance.
Uruguays Mannschaft ist für mich eine der größten Überraschungen dieses Turniers. Sie spielt einen gepflegten Ball, ist diszipliniert und greift immer wieder gefährlich an. Vor der WM hat kein Experte von Uruguay gesprochen und jetzt kann das Team sich womöglich zu den besten vier der Welt zählen.
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Unseren Autoren zieht es seit 1972 als Trainer nach Afrika. Der gebürtige Kölner und heutige Wahlschweizer (72) betreute bereits acht afrikanische Nationalteams. 1992 wurde er zum Trainer des Jahres in Afrika gewählt. 2006 war Pfister mit Togo bei der WM dabei, bis zum vergangenen Jahr trainierte er Kamerun.
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