Gesetzlicher Güterstand: Für die meisten Eheleute gilt die Zugewinngemeinschaft
Familienrecht
Mit der Eheschließung entsteht eine Vielzahl von Rechten und Pflichten zwischen den Ehegatten. Ein Aspekt ist der Güterstand, nach dem sich die Zuordnung des Vermögens während der Ehe und dessen Verteilung nach der Ehe richtet.
Sofern die Eheleute nicht durch notariellen Ehevertrag eine anderweitige Vereinbarung treffen, gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Hierzu sind zum 1. September 2009 einige, in weiten Teilen der Bevölkerung noch unbekannte Änderungen in Kraft getreten, die sich auch auf bereits bestehende Ehen auswirken.
Die meisten Ehepaare leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dennoch sind die wenigsten Paare mit den Grundzügen dieses Güterstands vertraut. »Eine häufig anzutreffende Fehlvorstellung ist die Annahme, im gesetzlichen Güterstand seien die Eheleute kraft Gesetzes gemeinsam Eigentümer ihres Vermögens und gemeinsam Schuldner ihrer Verbindlichkeiten. Tatsächlich hat aber die bloße Eheschließung auf die Frage, welchem Ehepartner was gehört und wer für Schulden haftet, keinen Einfluss«, erklärt Udo Monreal, Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz. Die Furcht, als Ehegatte kraft Gesetzes für die Schulden des anderen mithaften zu müssen, ist daher unbegründet. »Eine gemeinsame Haftung gegenüber Dritten entsteht nicht aus dem gesetzlichen Güterstand, sondern zumeist aufgrund von Vereinbarungen, beispielsweise dann, wenn der Darlehensvertrag mit der Bank auf beide Ehepartner lautet und von beiden unterschrieben wurde«, so Monreal weiter. Er rät daher, auf die Ausgestaltung der Haftung in Verträgen zu achten.
Auch das Vermögen der Eheleute bleibt bei der Zugewinngemeinschaft getrennt. Es wird also mit der Heirat nicht alles automatisch gemeinsames Vermögen beider Ehepartner.
Da man allerdings davon ausgeht, dass das im Laufe der Ehezeit hinzuerworbene Vermögen auf einer gemeinsamen Leistung beider Eheleute beruht, soll nach dem Gesetz im Falle der Scheidung ein Vermögensausgleich stattfinden. »Dies macht vielfach auch Sinn, denn nicht selten verdient ein Ehepartner das Geld und hat die Möglichkeit, Vermögen zu bilden, während der andere auf eine Einkommenserzielung und damit auf die Möglichkeit der Vermögensbildung verzichtet, um für die Familie da zu sein«, gibt Monreal zu bedenken.
Für die Berechnung des Ausgleichs wird das Vermögen eines jeden Ehepartners bei Beginn der Ehe (Anfangsvermögen) mit seinem Vermögen am Eheende (Endvermögen) verglichen. Hat der eine mehr als der andere an Vermögen hinzuerworben, ist die Differenz zwischen den Vermögenszuwächsen im Falle der Scheidung auszugleichen.
Nach früherem Recht blieben Schulden, die bei der Eheschließung bereits vorhanden waren und zu einem »negativen« Anfangsvermögen geführt hätten, unberücksichtigt. Dies hat nicht selten zu Ungerechtigkeiten geführt.
Beispiel: Stefan und Ulrike lassen sich nach 15 Jahren scheiden. Stefan hatte sich kurz vor der Ehe selbstständig gemacht und ein Existenzgründungsdarlehen über 30.000 Euro aufgenommen. Im Laufe der Ehe konnte er das Darlehen zurückbezahlen und sogar 20.000 Euro ansparen. Das Endvermögen beträgt also 20.000 Euro, während sich der tatsächliche Vermögenszuwachs auf 50.000 Euro beläuft.
Ulrike hatte zu Beginn der Ehe weder Schulden noch nennenswertes Vermögen. Während der Ehezeit ging sie nur Teilzeit arbeiten und kümmerte sich um die Familie. Am Ende der Ehe hat sie Ersparnisse von rund 5.000 Euro.
Nach altem Recht betrug der Zugewinn von Stefan nur 20.000 Euro, weil das Gesetz ein negatives Anfangsvermögen nicht kannte. Der Zugewinn von Ulrike betrug 5.000 Euro. Stefan musste ihr die hälftige Differenz, also 7.500 Euro, ausgleichen. Nach neuem Recht ist auch ein negatives Anfangsvermögen zu berücksichtigen, d.h. der Zugewinn von Stefan beträgt 50.000 Euro und der Zugewinnausgleich demnach 22.500 Euro. Die Ausgleichspflicht ist allerdings auf das tatsächlich vorhandene Vermögen des Stefan in Höhe von 20.000 Euro beschränkt.
Diese Neuregelung ist begrüßenswert, so Monreal. In allen Fällen sei jedoch zu bedenken, dass den gesetzlichen Bestimmungen ein Eheleitbild zugrunde liege, welches den vielfältigen Lebensverhältnissen nicht immer gerecht werde. »Individuelle Lösungen, insbesondere zum Unterhalt und Güterstand können zu mehr Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit beitragen. Solche Vereinbarungen bedürfen dabei immer der notariellen Beurkundung.
Zumindest aber sollten sich Ehepaare beraten lassen, um überhaupt erkennen zu können, ob die gesetzlichen Bestimmungen bei ihnen im Falle der Scheidung zu gerechten Ergebnissen führen würden, rät Notar Monreal.
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