LINKE fordert Rehabilitierung von Kommunisten
Antrag auf gleiches Recht für alle, die Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet haben
In den 50er und 60er Jahren wurden in der Bundesrepublik Deutschland rund 200 000 staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen tatsächliche oder vermeintliche Kommunisten geführt. Noch immer ist die Anzahl der Verurteilungen nicht klar zu benennen. Es soll zwischen 7000 und 10 000 mal »Recht« gesprochen worden sein. Es reichte schon die Mitgliedschaft in einer Organisation, die im Verdacht stand, sich nicht genügend von der Kommunistischen Partei oder dem »Ostblock« zu distanzieren.
Antikommunismus war Staatsdoktrin. Nicht selten standen daher Menschen, die gegen die Nazis gekämpft hatten, Juristen gegenüber, die dem Regime als willige Werkzeuge gedient hatten und ihre Kommunistenverfolgung nun fortsetzten. Die Folgen: Jobverlust und Aberkennung staatsbürgerlicher Rechte. Die Verurteilung als Anhänger der kommunistischen Ideologie hatte aber auch Auswirkungen auf mögliche Zuwendungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Laut BEG-Paragraf 6 Abs. 1 Ziff. 2 war von der Entschädigung ausgeschlossen, »wer nach dem 23. Mai 1949 die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekämpft hat«.
»Dieses ebenso ideologische wie pauschale Brandzeichen führte dazu, dass Menschen, die in vielfacher Weise und unter Lebensgefahr Widerstand gegen das Völker mordende Nazi-Regime geleistet haben, von üblichen staatlichen Leistungen ausgeschlossen wurden. Oft wurde von ihnen sogar die Rückzahlung bereits erhaltener Zuwendungen gefordert«, erklärt der Abgeordnete Jan Korte, einer der Initiatoren des Antrags.
Bis heute ist jede Form der Rehabilitierung für die so bestraften Kommunisten ausgeblieben. Die Linksfraktion verweist darauf, dass es 65 Jahre nach der Zerschlagung des Hitler-Regimes und 20 Jahre nach der staatlichen Einigung höchste Zeit ist, Anstand zu beweisen. Sie übermittelte den anderen Fraktionen einen entsprechenden Antragsvorschlag. Darin heißt es: »Die schwierige Aufarbeitung der bis heute einzigartigen Verbrechensgeschichte des NS-Regimes verlief auch in der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung nicht ohne Brüche, Fehlentwicklungen und Versäumnisse.«
Parlament und Regierung hätten sich erst sehr spät zur Entschädigung für zahlreiche Opfer des NS-Terrorregimes entschlossen. Genannt werden Zwangsarbeiter, Homosexuelle, Zwangssterilisierte und Euthanasiegeschädigte, als Juden verfolgte Menschen aus osteuropäischen Ländern, sowjetische Kriegsgefangene und die vielen deutsche Kommunistinnen und Kommunisten, die aktiven Widerstand gegen das NS-Regime geleistet haben.
Als möglichen gemeinsamen Willen des Parlaments formulierte die Linksfraktion: »Der Deutsche Bundestag ehrt in besonderer Weise die Leistungen der Frauen und Männer, die sich aktiv gegen das NS-Regime gewandt haben und in zahlreichen Fällen ihr Leben eingesetzt haben, um Widerstand gegen die Naziherrschaft in Deutschland zu leisten. Er sieht diesen, nicht sehr zahlreichen, Widerstand gegen das Hitler-Regime in seiner Integrität als unteilbar an.«
Um Gerechtigkeit herzustellen, soll die Regierung einen Härtefonds für NS-Verfolgte einrichten, »denen Leistungen nach dem BEG aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der KPD, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) oder anderen als kommunistisch beeinflusst geltenden Organisationen aberkannt bzw. verweigert wurden«.
Daraus soll, so die LINKE, den Betroffenen eine Zahlung »in Höhe einer schon einmal gewährten und dann aberkannten oder einer zu erwartenden, aber aufgrund der Mitgliedschaft in kommunistischen Organisationen verweigerten Entschädigung nach dem BEG« ausgezahlt werden.
Zweitens soll mit einer öffentlichen Geste »die Zugehörigkeit deutscher Kommunisten und Kommunistinnen zum Erbe des Widerstands gegen das NS-Regime« zum Ausdruck gebracht werden, um damit eine Rehabilitierung vorzunehmen.
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