»Israel nicht Fanatikern überlassen«

Zentralrat der Juden geht auf Distanz

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (epd/ND). Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat sich klar von der Politik der israelischen Regierung abgegrenzt. Israel drohe sich zu einem Staat zu entwickeln, »in dem ultraorthodoxe und ultranationalistische Kräfte immer mehr an Einfluss gewinnen», erklärte der Generalsekretär des Dachverbandes, Stephan Kramer, in einem in der Berliner »Tageszeitung« abgedruckten Streitgespräch mit der deutsch-israelischen Publizistin Iris Hefets. Der jüdische Staat Israel dürfe nicht »Fanatikern und Fundamentalisten« überlassen werden.

Kramer kritisierte auch ausdrücklich die Erstürmung von Schiffen der Gaza-Hilfsflotte durch die israelische Armee. Bei der Militäraktion waren vor einem Monat neun Aktivisten getötet worden. »Den Soldaten kann ich da nach meinem heutigen Kenntnisstand keinen Vorwurf machen«, so der Generalsekretär des Zentralrates. »Aber diejenigen, die sie trotz Kenntnis der Bedrohungslage dorthin geschickt haben, die müssen zur Verantwortung gezogen werden.« Die Soldaten hätten niemals eingesetzt werden dürfen.

Kramer rief ferner die jüdischen Gemeinden dazu auf, auf einen »Juden-Holocaust-Bonus« zu verzichten. »Wir kommen als jüdische Gemeinschaft in Deutschland langfristig nur weiter, wenn wir aus dieser Opferecke rauskommen – und zwar selbstbewusst«, erklärte der Generalsekretär des Zentralrates. Zugleich warb er um Verständnis für Hemmungen von Juden, bei aller Solidarität zu Israel auch Kritik an der Politik der dortigen Regierung zu üben: »Für manche ist Israel sicher eine Ersatzidentifikation, weil sie in Deutschland trotz aller Bemühungen das Gefühl haben, fremd zu sein.«

Hefets hatte Anfang März in der taz scharf die Ritualisierung des Holocaust-Gedenkens in Israel kritisiert. Die Berliner Jüdische Gemeinde lud daraufhin Ende April zu einer Diskussion mit Chefredakteuren über Antisemitismus in deutschen Medien ein. Die Veranstaltung führte zu einem Eklat, da Unterstützer von Hefets für sie ein Rederecht einforderten, dies aber von den Veranstaltern abgelehnt wurde. Kommentar Seite 4

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