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Aus wenig Geld das Beste machen – Teil 2 Niedrige Zinssätze haben das Sparbuch unattraktiv gemacht

Finanzen

  • Lesedauer: 6 Min.

Wenn viele das Gleiche tun, muss das noch lange nicht das Richtige sein. Dieser bewährte Grundsatz gilt auch für die Geldanlage. Rund eine halbe Billion Euro – in Zahlen:

500.000.000.000 Euro – haben Bundesbürger auf Sparkonten angelegt. Insbesondere bei jungen Leuten, bei Teenies und Twens steht der Klassiker »Sparbuch« weiterhin hoch im Kurs: Von den 18- bis 25-Jährigen legt fast jeder Zweite sein Geld auf einem Sparbuch an – und verschenkt damit Geld.

Dabei gibt es für diese Lust am Sparbuch durchaus auch gute Gründe, etwa die hohe Sicherheit dieses altmodischen Finanzproduktes. Die meisten Sparer wollen schließlich in keinem Fall ihr Geld verlieren und nehmen dafür niedrige Zinsen durchaus billigend in Kauf. Besonders Frauen setzen ihr Geld am liebsten keiner Gefahr aus, wollen Psychologen herausgefunden haben. Viele Bankkunden setzen daher auch für die Zukunft am liebsten auf das klassische Sparbuch. Doch es gibt bessere Alternativen auf dem Markt der Möglichkeiten.

Das »Wirtschaftswunder« hat es möglich gemacht

Das Sparbuch hatte einst seinen Siegeszug in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begonnen. Westdeutschlands »Wirtschaftswunder« ermöglichte es Millionen Menschen in der BRD, am Monatsende ein wenig Geld auf die hohe Kante zu legen, und auch in der DDR wurde immer mehr Geld angespart. Für die Banken in der Bundesrepublik tat sich damit ein ganz neues Geschäftsfeld auf. Hatten bis dahin die privaten Kreditinstitute vornehmlich auf einen exklusiven Kundenkreis gesetzt, expandierten sie nun ins sogenannte Massengeschäft. Dadurch erhöhte beispielsweise die Commerzbank die Zahl ihrer Niederlassungen allein in den sechziger Jahren auf das Dreieinhalbfache: von 185 auf 675 Stellen.

Banken entdecken den »Mann«

Bei dieser Expansionspolitik ließ sich die Bank, wie sie damals in einem Geschäftsbericht formulierte, »von der Überlegung leiten, dass in den kommenden Jahren die Zusammenarbeit mit allen Bevölkerungskreisen, insbesondere bei der Geldanlage, die Dynamik des Bankgeschäfts bestimmen wird«. Bis dahin hatten sich Privatbankiers und Großbanken fast ausschließlich um relativ wenige Stammkunden mit hohen Einkommen und großen Vermögen gekümmert. Nun entdeckte man in der wachsenden Wohlstandsgesellschaft den sprichwörtlichen »Kleinen Mann« und seine Mark und Pfennige. Auch im Bankgeschäft sind Millionen (Kunden) eben eine Macht und somit eine lukrative Zielgruppe für die Manager. Die Einlagen der Verbraucher sind der Rohstoff, mit dem die Banken arbeiten: Aus den Sparmärkern der Vielen machten die Banken Millionenkredite für Wenige. Später folgten dann auch Millionen Kredite für den privaten Konsum, Ratenkredite für die neue Wohnungsgarnitur oder für den Kauf eines Kleinwagens.

Endgültig aus seinem Dornröschenschlaf aufgeweckt wurde die westdeutsche Finanzbranche durch die staatliche Freigabe der Zinssätze. Seit der großen Krise in den dreißiger Jahren hatte der Staat die Zinssätze weitgehend vorgegeben. Dadurch war das Aktivgeschäft, die Vergabe von Krediten, lange nicht sonderlich attraktiv. Das änderte sich nun grundlegend. Und am 1. April 1967 wurden die Zinsen vollständig freigegeben. Diese Zinsliberalisierung war der Startschuss für einen freien Markt – und sorgte für einen »heftigen« Wettbewerb. Die Spareinlagen der einst in Hamburg gegründeten Commerzbank hatten sich bereits im ersten Jahrfünft verdoppelt und taten dies in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre nochmals, auf annähernd vier Milliarden DM. Heute beträgt die Höhe der Einlagen von Privatkunden bei der Commerzbank (ohne die übernommene Dresdner Bank) etwa 50 Milliarden Euro. Nur ein kleiner Teil davon liegt noch auf Sparbüchern.

Nun gelten die Deutschen im internationalen Vergleich als besonders sparsam. Von hundert verdienten Euros legen sie zehn auf die hohe Kante. Doch was so einfach klingt, ist in der Praxis oft schwierig gemacht. So kann ein falsch gewähltes Sparprodukt leicht zu einem teuren Irrtum werden! Besonders in der Kritik von Verbraucherschützern und unabhängigen Experten steht das klassische Sparbuch. Diese Kritik gilt übrigens ebenfalls, wenn das »Buch« heute oft schon eine Chipkarte ist.

»Vorschusszins« als Strafzins

Zwar sind Sparbücher grundsätzlich krisenfest, aber dafür zahlen Banken und Sparkassen ihren Kunden nur einen überaus bescheidenen Zinssatz. Zudem ist das Sparbuch unflexibel. Üblich ist ein Abhebungslimit von 2.000 Euro monatlich. Wollen Sie mehr Geld abheben, müssen sie den Ablauf der Kündigungsfrist abwarten oder Sie müssen bei einem vorzeitigen Zugriff auf eine größere Summe noch einen »Vorschusszins« als Strafzins zahlen.

Im Durchschnitt bieten Banken für Einlagen mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist, also einem Sparbuch, weniger als 1,5 Prozent Zinsen an. Angesichts der allgemeinen Niedrigzinsphase, die infolge der Finanzkrise herrscht, erscheinen 1,5 Prozent Zins noch nicht einmal ganz schlecht. Doch die amtliche Statistik der Deutschen Bundesbank schönt noch das Bild, denn viele Altverträge aus besseren Tagen, beispielsweise mit satten Prämien, halten den Durchschnittswert noch einigermaßen über Wasser.

»Spar-Dumping« auf Kosten ahnungsloser Kunden

Wie abgetaucht die Finanzbranche wirklich ist, zeigt ein Blick auf konkrete Angebote: Viele Institute gewähren für Spareinlagen weniger als ein Prozent Zinsen, und eine große Sparkasse verspricht »ab dem ersten Euro« 0,4 Prozent Zinsen.

»Spar-Dumping auf Kosten ahnungsloser Kunden«, schimpft ein Kenner der deutschen Finanzszene. Ein solcher Billig-Zinssatz dürfte für Sie, den Bankkunden, mittelfristig nicht einmal ausreichen, um wenigstens den Wert des Angesparten zu erhalten. Unterm Strich machen Sie also bei einem solchen Zinssatz ein Minus. Fazit: Auf dem Sparbuch verliert Ihr Geld!

Immerhin bieten einige Banken und Sparkassen auch sparbuchähnliche Produkte an, die besser verzinst sind. Meistens haben solche Sonderangebote jedoch einen Haken: So können längere Kündigungsfristen Ihr erspartes Geld zu lange fest binden oder das sparbuchähnliche Finanzprodukt ist an eine bestimmte Einlagenhöhe gekoppelt. Wer nicht 3.000 oder 5.000 Euro anlegen kann, schaut dann in die Röhre.

Vergessen wir an dieser Stelle nicht, wofür das Sparbuch eigentlich da ist. Es kommt, wenn überhaupt, nur für Ihr sauer erspartes Geld in »Topf eins« in Frage. Für mittel- und langfristigere Geldanlagen gibt es nämlich weit günstigere Alternativen.

Zur Erinnerung: Wenn möglich, sollten Sie Geld in Höhe von zwei bis drei Monatseinkommen – so die Faustformel – in Topf eins unterbringen (siehe Teil 1 unserer Serie). Dies ist dann Ihr »Bargeld«, welches jederzeit für überraschende Ausgaben verfügbar ist. Experten sprechen von »Liquidität halten«. Diese Liquidität ist für ungeplante Ausgaben, wenn der Fernseher kaputt geht oder wenn das Fahrrad geklaut wurde.

Unterm Strich ist kaum zu übersehen: Das Sparbuch ist vor allem für Banken attraktiv, nicht für Sparer. Lassen Sie sich also nicht davon irritieren, dass Millionen Bundesbürger auf ihren Sparbüchern insgesamt fast 500.000.000.000 Euro angelegt haben. Seit Ausbruch der Finanzkrise im Sommer 2007 sogar noch mit rasant steigender Tendenz. Wenn viele das Gleiche tun, muss das eben noch lange nicht das Richtige sein.

Als Alternative zum Sparbuch bietet sich die Anlage als Tagesgeld an. Auf einem Tagesgeldkonto ist Ihr Geld genau so sicher wie auf einem klassischen Sparbuch. Doch es bietet einen höheren Zinssatz und ist flexibler zu handhaben. In einem der folgenden Teile unserer Spar-Serie werden wir dieses Thema ausführlich behandeln.

Es gibt allerdings selbst beim Sparbuch Ausnahmen. Einige Banken bieten für ein Sparbuch, im Vergleich zu Tagesgeldkonten, einen deutlich höheren Zins an. Wenn Sie als Bankkunden das Abhebungslimit von 2.000 Euro monatlich nicht stört, können Sie zugreifen. Doch solche Angebote sind rar.

HERMANNUS PFEIFFER

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