Die deutschen Spieler sind untröstlich
Nach dem mutlosen 0:1 im Halbfinale gegen Spanien herrschen beim DFB-Team Ratlosigkeit und Enttäuschung
Auch am Tag nach dem geplatzten Finaltraum standen die deutschen Fußball-Nationalspieler unter Schock – alle rosigen Zukunftsaussichten taugten nicht als Trost. Vom ungeliebten Spiel um WM-Bronze schon am Samstag gegen Uruguay wollte noch keiner etwas wissen. »Es herrscht noch große Enttäuschung, weil man nicht alle vier Jahre in einem WM-Halbfinale steht«, sagte Kapitän Philipp Lahm mit glasigen Augen 14 Stunden nach dem K.o. gegen Europameister Spanien. Wie schon bei der EM 2008 hatte die »Rote Furie« Fußball-Deutschland unsanft von der Euphorie-Wolke geholt.
»Unglücklicherweise haben die Spanier gegen uns ihr bestes Turnierspiel gemacht«, klagte Torjäger Miroslav Klose. Die Ursachenforschung für das 0:1 in Durban gegen die Spanier mit den überragenden Xavi, Andres Iniesta und Pedro verlief ähnlich erfolglos wie der kraftlose Auftritt im Moses Mabhida Stadion. »Wir kamen nicht wie gewohnt zu unserem Spiel, konnten die Hemmungen nicht ablegen«, erklärte Joachim Löw und schloss ratlos an: »Warum, weiß ich auch nicht.«
Vom Spaßfußball, den Mesut Özil & Co. bei den Kantersiegen zuvor gegen England und Argentinien gezeigt hatten, war gegen den Europameister nichts mehr übrig geblieben. »Wir haben mutlos gespielt«, stellte der junge Torhüter Manuel Neuer fest. »Wir haben zu viele Bälle zu schnell wieder verloren. Das Umschalttempo fehlte dieses Mal. Wir hatten nicht den Mut und die vollständige Überzeugung, unsere Aktionen zu Ende zu spielen«, analysierte Löw.
Der Bundestrainer hatte das Geflecht aus jugendlicher Unbekümmertheit mit der neuen Chefetage um Lahm und Schweinsteiger sowie den wenigen Routiniers in nur wenigen Wochen zu einer erstaunlich funktionierenden Einheit zusammengefügt. Der Halbfinalgegner aber wies die DFB-Elf mit einem über lange Zeit perfekt eingespielten Team in die Schranken.
»Die Spanier arbeiten seit drei, vier Jahren in diesem System und mit diesen Spielern zusammen«, erkannte Lahm den eigenen Nachteil, schloss aber an: »Wir haben auch die Möglichkeit, da hinzukommen.« Auf dem absoluten Weltniveau entscheide »halt doch auch die Erfahrung«, sagte Bastian Schweinsteiger, der deshalb den in Südafrika fehlenden Leitwolf Michael Ballack im Gegensatz zu anderen nicht abschreibt. »Er wird auf jeden Fall zurückkommen. Er ist ein Spieler, der natürlich sehr wichtig ist für uns.«
»Die Mannschaft hat keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen«, betonte Löw, dessen unklare Zukunft als Bundestrainer nun wieder in den Brennpunkt rückt. DFB-Boss Theo Zwanziger steht nach den geplatzten Vertragsgesprächen zu Jahresbeginn nun unter Druck. Und der Verbandspräsident versprach den Fans schon mal, »dass wir Lösungen finden werden, die man in Deutschland von uns erwartet«.
Zunächst einmal aber muss der Bundestrainer sein Personal für das »kleine Finale« gegen Uruguay »wieder etwas aufzurichten«, sagte Löw der am Donnerstag nur Regeneration und Pflege verordnete. »Platz drei wäre einfach eine Belohnung für die tolle Arbeit«, sagte Co-Trainer Flick. »Ich bin mir sicher, dass wir das Spiel mit der notwendigen Ernsthaftigkeit angehen«, versicherte Löw.
Eine Jubelfeier auf der größten Fanmeile des Landes am Berliner Brandenburger Tor wird es aber – anders als 2006 und 2008 – nicht geben. »Es wäre unpassend, sich zwei Tage nach dem Spiel um Platz drei feiern zu lassen«, begründete Lahm die Entscheidung des Mannschaftsrates. Das Ziel sei ein anderes gewesen, warb der Kapitän um Verständnis bei den Unterstützern in der Heimat. »Man kann den Fans nicht genügend danken. Wir haben alles aufgesogen.«
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