Schwarz-Gelb kränkt

  • Ellis Huber
  • Lesedauer: 3 Min.

Bluthochdruck, Diabetes, Krebs, Rheuma oder Allergien richten sich nicht an Parteien aus. Kranke Menschen brauchen ein Gesundheitssystem, das ihnen beisteht und hilft. Vollmundig und allerorten hat Gesundheitsminister Rösler sein sozialliberales Credo verkündigt und viele glaubten, er meine auch, was er sagte: »Solidarität heißt: Der Starke hilft dem Schwachen und für CDU, CSU und FDP enden Solidarität und Gerechtigkeit nicht bei einer Beitragsbemessungsgrenze von 3750 Euro.« Solchen netten Worten aus der Regierung folgt jetzt die böse Tat: Die Krankenkassenbeiträge steigen auf 15,5 Prozent und Zusatzbeiträge kommen noch unbegrenzt drauf. Erst wenn diese dann zwei Prozent des Einkommens übersteigen, soll ein Sozialausgleich über Steuermittel erfolgen. Elf Milliarden Euro Defizit sind für die Gesundheit in Deutschland eine gewaltige Bedrohung, für die Gesundheit der Banken und Spekulanten steht aber ein Vielfaches an Staatsknete bereit.

Ärmere und krankere Bürgerinnen und Bürger zahlen künftig mehr für ihre Gesundheitsversorgung, reiche und gesunde werden begünstigt. Solche Politik spaltet das soziale Gefüge und sie produziert mehr Krankheit. Der medizinisch-industrielle Komplex macht dabei weiter seinen Profit und beutet das Leiden aus. Die heutigen Gesundheitsprobleme lassen sich trotz aller Heilsversprechen nicht mehr mit »medizinischem Fortschritt« oder biochemischen »Wunderwaffen« besiegen. Depressionen und Ängste nehmen dramatisch zu und das soziale Gefüge zerbricht mehr und mehr. Rückenschmerzen und chronische Gebrechen sprechen auch über die Gewalt der Globalisierung, der Vereinzelung und der Ausgrenzung. Die Wirtschaftskrise beeinträchtigt spürbar die Gesundheit der Menschen.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind demgegenüber eindeutig: Menschen, die sich als kompetent erfahren, die soziale Resonanz finden und bei sozialen Entscheidungen mitwirken können, sind weniger krank. Umgekehrt steigen Erkrankungshäufigkeit und Sterblichkeit in der Bevölkerung deutlich an, wenn das gesellschaftliche Bindegewebe unter Spannung steht und sich bei den kleinen Leuten Angst breit macht. Alles ist käuflich und auf niemand mehr ist Verlass. Das kränkt und bereitet Schmerzen. Wo der Kapitalismus heute die Körper der Menschen kolonialisiert, muss aber ein heilsames Gesundheitssystem die Autonomie des Individuums verteidigen und den Zusammenhalt der Gesellschaft schützen. Das Gesundheitswesen gehört nicht dem Kapital mit seinen Interessen, es gehört der Bevölkerung mit ihren Bedürfnissen.

Kluge Gesundheitspolitik investiert in soziales Kapital, in Bildung und Gemeinschaft, sie fördert Solidarität und soziale Gerechtigkeit. Und es wäre auch ganz einfach: Eine solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung hätte in Deutschland eine politische Mehrheit. Wenn alle für alle eintreten und von allen Einkünften zehn Prozent für die Mitmenschen geben, ist gute Gesundheit auch für alle Bürgerinnen und Bürger bei günstigen Kosten erreichbar. Die Kassenbeiträge würden sinken, wenn alle Einkünfte einbezogen sind und die Beitragsbemessungsgrenze fällt. Das wäre dann christlich, gerecht und weise zugleich. Aber dafür braucht es eine andere Regierung.

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