WM-Sieger Deutschland
Heimliche Gewinner der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika sind deutsche Unternehmen
Der »Skywalk« in luftiger Höhe gehört zu den Attraktionen der Hafenstadt Durban. Mit einer Seilbahn gleiten Besucher auf einem weiten Stahlbogen über das Stadion hinweg. Hier verlor Deutschlands Fußballelf das WM-Halbfinale gegen Spanien und hier hatte die deutsche Wirtschaft schon vorher gewonnen: Geplant wurde das imposante Moses-Mabhida-Stadion von dem Hamburger Architektenbüro Gerkan, Marg und Partner.
Sogar die Busse, in denen die Mannschaften zum Spiel fuhren, hatte Daimler geliefert und das Licht knipste die Siemens-Tochter Osram an. Allein auf den Siemens-Konzern entfielen WM-Aufträge von einer Milliarde Euro. Fast die Hälfte aller Investitionen, die Südafrika für seinen Weltcup aufbrachte, flossen an etwa 400 deutsche Unternehmen. Die bundesdeutsche Wirtschaft war schon zu Zeiten der Apartheid (1948 bis 1994) einer der größten Investoren in Südafrika und ist heute der zweitwichtigste Handelspartner nach dem rohstoffhungrigen China. Deutsche Autokonzerne beziehen vor allem Türen, Kotflügel und Motoren vom Kap.
Zu den WM-Siegern gehört auch der Weltfußballverband FIFA. Zu den sechs ständigen FIFA-Partnern Adidas, Coca-Cola, Emirates, Hyundai-Kia, Sony und Visa kamen sechs Förderer aus Südafrika. Insgesamt sollen sich die geheim gehaltenen Werbeeinnahmen der FIFA auf über eine Milliarde Euro belaufen. Dazu kommen dann noch zwei Milliarden aus dem Verkauf der Fernsehrechte. Nur ein Drittel davon floss in die Austragung der WM.
Für Südafrika geht das wirtschaftliche Spiel nach dem Abpfiff erst richtig los. Staatspräsident Jacob Zuma (ANC) sprach schon von einem »wirtschaftlichen Gewinn für unser Land«. Eine Viertel Million ausländischer Besucher kam und 130 000 Arbeitsplätze wurden geschaffen, davon 66 000 zeitweilig in der Baubranche und 40 000 nachhaltig bei der Polizei.
Insgesamt hat der südafrikanische Staat mehr als 3,2 Milliarden Euro in eindrucksvolle Stadien, in Telekommunikation und Verkehrsinfrastruktur gesteckt. Doch die Stadien sind für den sportlichen Alltag der 50 Millionen Einwohner zu groß und die erste Schnellbahn im Lande verbindet nicht einen »schwarzen« Township mit einer »weißen« Wirtschaftsmetropole, sondern Johannesburg mit dem dortigen Flughafen. Für die allermeisten Armen, da sind sich die Kommentatoren einig, gab es nur Spiele, kein Brot.
Trotzdem besteht auch für die immer noch 24 Prozent Arbeitslosen Hoffnung. Vor einigen Jahren lag die Quote noch bei fast 40 Prozent. Zuma hofft nun auf eine »veränderte Wahrnehmung Südafrikas« in der Welt. Der überraschend reibungsarme Verlauf des weltgrößten Sportereignisses sollte zu einem langfristigen Imagegewinn führen. Ansehen und Ruf sind strategische Spieler auf dem Feld des Kapitalismus. Die Regierung baut nun auf Auslandsinvestitionen. »In einem Schwellenland wie Südafrika sind die wirtschaftlichen Effekte eines sportlichen Großereignisses deutlich größer«, meint der Chefvolkswirt der Postbank, Marco Bargel. Südafrika gehört zu den aufstrebenden Ländern, auf die Ökonomen ihre Hoffnungen richten.
Die Deutsche Bank erwartet bis 2014 ein jährliches Wachstum von etwa drei Prozent. Auch wenn zur WM weit weniger Ausländer anreisten, als geplant, erwartet das Land künftig Touristenscharen. »Vor zwanzig Jahren wollte uns kein Mensch besuchen«, sagte Zuma, »und jetzt sind wir ein beliebtes Reiseziel.« Durban mit seinem warmen Winterklima bietet sich dafür an: Schon jetzt denken die Stadtväter über den weiteren Ausbau ihres neuen Stadions nach, um es fit für mögliche Olympische Spiele 2020 zu machen.
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