Indien wird zum Schlachtfeld der Rüstungsindustrie
Gigantische Waffendeals sind avisiert, Russland sieht sich wachsender Konkurrenz ausgesetzt
Indien hat in den vergangenen Jahren Dutzende Großaufträge ausgeschrieben. Längst geht es nicht mehr nur darum, im alten Konflikt mit Pakistan gut dastehen zu können. Das Land will seine Stellung als Regionalmacht neben dem großen und in die Welt strebenden China behaupten.
Jüngst wurde die Ausschreibung für sechs hochmoderne U-Boote beschlossen. Damit gab die Regierung in Delhi grünes Licht für das bisher größte Rüstungsprojekt seit der Unabhängigkeit des Landes. Die Regierung will insgesamt 500 Milliarden Rupien, das sind etwa etwa 8,3 Milliarden Euro, ausgeben. Zwei der konventionellen U-Boote sollen im Ausland gekauft, drei U-Boote gemeinsam mit einem ausländischen Partner in Mumbai und ein weiteres in Visakhapatnam gebaut werden.
Solche Geschäftsmodelle sind eine Spezialität der Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW), die über ein derartiges Projekt bereits mit Indiens Widerpart Pakistan im Gespräch war. Im Wortsinn mit im Boot sind DCNS/Amaris aus Frankreich sowie Navantia aus Spanien. Doch auch der russische Waffenexporteur Rosoboronexport will ins Geschäft. Russland ist der größte Diesel-U-Boot-Lieferant für Asien: Bisher wurden 22 U-Boote in die Region verkauft. Wenn der jüngste Vertrag mit Vietnam erfüllt ist, steigt die Zahl auf 28.
Auch für Indien hat man diverse U-Boote gebaut und modernisiert. Nun verleast Russland für zehn Jahre ein Atom-U-Boot der Akula-Klasse an die indische Marine. Die Übergabe des U-Bootes war für 2008 geplant, musste jedoch wegen technischer Probleme immer wieder verschoben werden. Bei einer Testfahrt am 9. November 2008 waren 20 Menschen getötet und 22 verletzt worden.
Indien aber braucht das nuklear angetriebene Boot dringend, um Erfahrungen zu sammeln. Demnächst will man selbst Atom-U-Boote bauen und damit China zumindest auf den Fersen bleiben.
Bislang hatte der geplante Kauf von 126 Kampfjets im Gesamtwert von rund 6,9 Milliarden Euro als größtes Beschaffungsprojekt Schlagzeilen gemacht. Sechs Bieter ringen bereits seit zwei Jahren um den Zuschlag. Boeing ist mit F/A-18 Hornet dabei, die F-16 wird vom US-Konkurrenten Lockheed Martin angepriesen, Russland schickt MiG-35 ins Rennen, Frankreich seine Rafale, die Gripen kommt aus dem schwedischen SAAB-Konzern und auch der teilweise in Deutschland gebaute Eurofighter ist im Angebot. Nach der Auswertung der Tests, bei denen die Maschinen in 643 Parametern erprobt wurden, werden die Umschläge mit den Geschäftsangeboten geöffnet.
Doch nicht nur die technischen Leistungen entscheiden über die Vergabe der Rüstungsaufträge. Die denkbaren Zusatzwünsche Indiens, die freilich niemals öffentlich mit dem Kampfflieger-Deal in Verbindung gebracht würden, könnten von enger militärischer Kooperation bis zur Unterstützung Delhis bei der Bewerbung um einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat reichen. Jüngst hat Indien beschlossen, seine Rüstungsbetriebe für ausländische Investoren zu öffnen. Bis zu 100 Prozent Kapital – bislang 26 Prozent – sind erlaubt. Die USA stehen mit gigantischen Angeboten bereit. Auf solchen politischen und wirtschaftlichen Gebieten haben weder das kleine Schweden und noch die europäischen Eurofighter-Hersteller Vergleichbares zu bieten. Auch Russland sieht die Gefahr, ins Abseits gedrängt zu werden.
Derzeit sind die indischen Luftstreitkräfte hauptsächlich mit russischen MiG-21- und MiG-29-Maschinen ausgerüstet. Indien hat auch fast 300 Su-30MKI in Russland bestellt. Viele davon sollen – wie bei bisherigen Verträgen auch – als Lizenz in Indien hergestellt werden. Auch Trägerjets der MiG-29-Serie sind für den 2012 einsatzbereiten Flugzeugträger »Vikramaditya« geordert. Das Schiff hatte zuvor zur sowjetischen Nordflotte gehört und fuhr als »Baku«. Zum Kaufvertrag im Wert von 750 Millionen US-Dollar hat Indien noch einmal 2,3 Milliarden US-Dollar für die Modernisierung draufgelegt. Auch mit diesem Kauf werden Erfahrungen gesammelt. Indien plant den Bau eines eigenen Trägers.
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