Seetauglich und ökumenisch offen
Gemeindepfarrerin Iris Schmitt geht alle zwei Jahre als Bordseelsorgerin auf Kreuzfahrt
Wenn Pfarrerin Iris Schmitt auf große Dienstfahrt geht, hat sie neben Kerzen, Liedblättern und Bibel auch die Sonnenbrille im Gepäck. Dann sticht die 38-jährige Gemeindepfarrerin aus dem pfälzischen Einöllen als Bordseelsorgerin auf einem Kreuzfahrtschiff in See. Ihre erste große Tour führte die Theologin vor zwei Jahren durchs östliche Mittelmeer und bis nach Nordafrika. In diesem Jahr stand die Ostsee auf der MS Amadea auf dem Fahrplan.
Bundesweit 150 Seelsorger an Bord
Taufe, Trauung oder auch Seebestattung, Gottesdienste, Andachten und Gespräche – an Bord muss die Pfarrerin auf alles vorbereitet sein. Drei Goldhochzeits-Paare habe sie auf dem Schiff schon gesegnet, sagt Iris Schmitt, und auch ein Ehepaar betreut, das während der Kreuzfahrt die Nachricht vom Tod des Sohnes erhalten hatte.
Feste Sprechzeiten hat die Seelsorgerin dabei nicht. Aber sie ist immer präsent. Auf den Landgängen der Ostseereise hätten sich viele Gespräche ergeben, erinnert sie sich, auch weil sie von Beginn der Reise an als Bordseelsorgerin bekannt war. Beim Kapitänsempfang am ersten Seeabend sei sie vorgestellt worden – zusammen etwa mit den mitfahrenden Musikern. »Ich zähle an Bord zu den Künstlern«, schmunzelt Schmitt.
Bei einer privaten Kreuzfahrt hatte eine Reederei-Mitarbeiterin sie auf die die Idee gebracht, als Bordseelsorgerin zu arbeiten. Iris Schmitt hat sich daraufhin bei der evangelischen Auslandsberatung in Hamburg beworben, die im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland die Schifffahrtseelsorge organisiert. Bundesweit gibt es rund 150 Bordseelsorger.
Anonymität ist kein Nachteil
Zwei Bedingungen müssten sie auf jeden Fall erfüllen, erklärt Schmitt: Bordseelsorger müssen seetauglich sein und ökumenisch offen. Denn auf dem Schiff werde alles ökumenisch gefeiert – auch das, was katholische und evangelische Christen an Land immer noch trenne. So hat es Iris Schmitt zweimal auf privaten Kreuzfahrten erlebt, dass der katholische Bordseelsorger auch Protestanten zur Feier der Eucharistie eingeladen hat. Dies sei sogar durch den Vatikan legitimiert, der in diesem Fall eine Ausnahme mache, sagte ihr der katholische Geistliche. Matthias Kopp, Pressesprecher der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, erklärt dazu allerdings, dass er von dieser Regelung nichts wisse. Der Empfang der Hostie durch Protestanten sei nach offiziellem katholischen Verständnis nicht möglich.
Den wichtigsten Unterschied zur Arbeit in der Gemeinde sieht Iris Schmitt in der größeren Anonymität an Bord. Die Passagiere wüssten, dass sie die Pfarrerin nach Ende der Reise in der Regel nicht wiedersehen werden. Das sei aber nicht unbedingt ein Nachteil, sagt Schmitt. Sie erzählt von einem Mann, der mit ihr über seine Zweifel an Gott sprechen wollte – ein Thema, über das er sich mit seinem Heimatpfarrer wegen der stärkeren persönlichen Beziehung nicht zu reden getraut habe.
Überhaupt seien viele Menschen im Urlaub ansprechbarer als sonst. Auf ihren Reisen seien ihr oft Menschen begegnet, die aus der Kirche ausgetreten, aber an religiösen Themen interessiert geblieben seien. Daher bedauert Iris Schmitt auch, dass die pfälzische Landeskirche ihr Engagement in der Urlauberseelsorge in Italien aus finanziellen Gründen aufgibt.
Schmitts Arbeit als Bordseelsorgerin ist davon aber nicht betroffen. Die Landeskirche befreit die Pfarrerin zwar während der Dienstfahrten auf See komplett von der Arbeit in der Gemeinde, finanziert werden Schmitts Aufenthalte als Bordseelsorgerin aber durch die jeweilige Reederei des Schiffes. Der nächste Einsatz ist für 2011 geplant. »Alle eineinhalb bis zwei Jahre habe ich vor, als Seelsorgerin aufs Schiff zu gehen«, sagt die Pfarrerin.
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