Ernst: Raffke-Vorwurf zielt ins Leere
Diskussion über Höhe der Bezüge im Parteivorstand der LINKEN hält an
Berlin (ND/AFP). Unangemessene Gehaltsansprüche und angeblich nicht korrekt abgerechnete Flüge – die Kritik am Vorsitzenden der Linkspartei Klaus Ernst ist so tief greifend wie diffus. Ernst beruft sich auf greifbare Bestimmungen, ohne auf die moralische Seite des Problems einzugehen. »Ich habe meine Flüge korrekt abgerechnet und bin 100prozentig sicher, die staatsanwaltlichen Untersuchungen werden ergeben, dass ich keine Straftat begangen habe«, sagte er den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Ihm wird vorgeworfen, Reisekosten über die Bundestagsverwaltung abgerechnet zu haben, die nichts mit seinem Abgeordneten-Mandat zu tun haben.
Auch die Kritik an seinen Bezügen als Parteivorsitzender weist der 55-Jährige zurück. Er verdiene insgesamt monatlich rund 5000 Euro netto. »Das ist natürlich viel Geld, ich weiß. Aber ich halte es für gerechtfertigt. Was ich mache, ist keine 08/15-Aufgabe.« Dass er im Gegensatz zu seiner Mit-Vorsitzenden Gesine Lötzsch auf 3500 Euro brutto im Monat nicht verzichtet, begründet Ernst so: »Ich wollte mich nicht deutlich verschlechtern.« Als Fraktions-Vize im Bundestag und halbtags als Bevollmächtigter der IG Metall in Schweinfurt habe er »wesentlich mehr verdient als heute«. Der Raffke-Vorwurf ziele darum ins Leere. Ernst: »Ein Raffke will mehr als vorher. Ich wollte nur nicht draufzahlen.« Außerdem stehe nirgendwo geschrieben, »dass ein Linker lustvoll seine Armut leben muss, um in der Gesellschaft anerkannt zu sein«.
Dem in der LINKEN laut geäußerten Unmut tun Ernsts Erklärungen der letzten Tage keinen Abbruch. Dort wird über seine Bezüge unvermindert gestritten. Anrufe und eingehende Mails in der Bundesgeschäftsstelle beinhalten dabei allerdings nicht nur Kritik, sondern auch Bekenntnisse der Solidarität mit Ernst, betonten Mitarbeiter gegenüber ND.
»Die LINKE fordert immer, Reichtum zu begrenzen«, sagte der Landesvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern, Steffen Bockhahn, dem »Berliner Kurier«. »Vielleicht sollten wir erst einmal bei uns selbst anfangen.« Der Bundestagsabgeordnete begrüßte, dass es in der Partei eine Prüfung der Bezüge für Spitzenfunktionäre geben solle. An der Basis herrsche wenig Verständnis für diese Bezüge.
Der Landesvorsitzende in Sachsen-Anhalt, Matthias Höhn, stellte sich dagegen vor Ernst. Bei den Reisekosten gehe es »nicht um irgendeine Form persönlicher Bereicherung, sondern nur um die Frage, bei wem diese Flüge korrekt hätten abgerechnet werden müssen«, sagte er der »Mitteldeutschen Zeitung«. Was Ernsts Einkünfte als Parteivorsitzender betrifft, fügte Höhn hinzu: »Was wir jetzt praktizieren, ist nichts anderes als das, was wir vorher auch praktiziert haben. Mancher tut so, als sei das eine Lex Ernst. Das ist nicht der Fall.« Er gehöre »nicht zu denen, die glauben, man könne einen Bundesvorsitz ehrenamtlich ausführen. Ich bin dafür, dass diese Arbeit bezahlt wird.«
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