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Krankheitsbilder wie nach Hiroshima

Irak: War Einsatz von Uranmunition Ursache?

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Krebsrate bei Kindern in der irakischen Stadt Falludscha ist in den vergangenen sechs Jahren auf das Zwölffache der Vergleichswerte in Ägypten, Jordanien oder Kuwait gestiegen.

Die Kindersterblichkeit liegt mit 80 Todesfällen pro 1000 Neugeborenen ebenfalls deutlicher höher. Gestiegen ist zudem die Zahl der Missbildungen bei Neugeborenen, Erwachsene haben häufiger Lymphom- und Gehirntumore, die Rate von Blutkrebs (Leukämie) ist 38 mal, die von Brustkrebs 10 mal höher als in den genannten Vergleichsstaaten.

Diese erschreckende Entwicklung ist nachzulesen in einer Studie, die vor wenigen Tagen im »International Journal of Environmental Research and Public Health« veröffentlicht wurde. Die Autoren Chris Busby, Malak Hamdan und Entesar Ariabi wurden von Teams unterstützt, die im Januar und Februar dieses Jahres 4843 Personen in 711 Haushalten Falludschas befragt hatten. Insgesamt heißt es, dass sich die Zahl von Krebsfällen im Zeitraum zwischen 2004 und 2009 in Falludscha im Gegensatz zu der Zeit vor 2004 vervierfacht hat.

Die aufgetretenen Krebsarten ähnelten denen, die sich bei Überlebenden der Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki vor 65 Jahren herausgebildet hatten, erklärte Christopher Busby gegenüber dem italienischen Fernsehsender RAI 24. Busby ist Professor für Molekularbiologie an der Universität Ulster (Irland) und arbeitet seit Jahren zu den Folgen radioaktiver Strahlung auf Umwelt und Gesundheit. Ursache für die Erkrankungen in Hiroshima und Nagasaki war die radioaktive Verseuchung, die gleiche Ursache vermutet Busby auch in Falludscha. Ursache der »alarmierenden Ergebnisse« ihrer Untersuchung könnte nur sein, dass die Bevölkerung 2004 während einer Militäroffensive der US-Armee einer massiven Menge erbgutschädigender Stoffe ausgesetzt war, sagte Busby. »Wir müssen dringend herausfinden, was das war.« Viele vermuteten Uran, »doch ohne weitere Untersuchungen und eine unabhängige Analyse von Proben aus dem Gebiet können wir nicht sicher sein«.

Im November 2004 hatte die US-Armee Falludscha angegriffen und wochenlang belagert, weil es dort wiederholt zu Angriffen auf die Besatzungstruppen gekommen war. Der damals amtierende Übergangsregierungschef Ijad Allawi hatte den Angriff unterstützt. Die USA weigern sich bis heute, die eingesetzten Waffen und die Munition zu identifizieren, Berichte wie die nun vorgelegte Studie weist das Pentagon zurück.

Vor der Chilcot-Untersuchungskommission, die seit Monaten in London die Rolle Großbritanniens im Irak-Krieg 2003 untersucht, legte kürzlich das Netzwerk Uranwaffen Großbritannien einen Bericht über den britischen Einsatz von sogenannter DU-Munition in Irak vor. Zumindestens in Basra und Falludscha sei diese uranhaltige Munition eingesetzt worden, heißt es in dem Rapport. Das Netzwerk ist Teil eines internationalen Zusammenschlusses von 124 Gruppen aus 30 Staaten, die das Verbot von DU-Munition durchsetzen wollen. Sie fordern, dass Staaten, die die uranhaltige Munition einsetzen oder eingesetzt haben, dies offenlegen, damit die Gebiete entgiftet und kontrolliert werden können.

Während des Balkan-Kriegs wurden von der NATO fast 13 Tonnen DU-Munition eingesetzt, im Golfkrieg 1991 zur Vertreibung irakischer Truppen aus Kuwait waren es gut 290 Tonnen. Für den Irak-Krieg 2003 und die Zeit danach liegen lediglich Schätzungen vor, wonach es mindestens 140 Tonnen gewesen sein dürften, viele davon innerhalb bewohnter Gebiete. Das US-amerikanische Verteidigungsministerium weigert sich, den Einsatz von DU-Munition offenzulegen, vermutlich aus Sorge um gigantische Entschädigungsforderungen – nicht zuletzt von eigenen Soldaten.

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