Hilfsorganisation bleibt am Hindukusch
Kein Rückzug der IAM aus Afghanistan nach der Ermordung von zehn Mitarbeitern
Kabul/Berlin (Agenturen/ND). IAM-Direktor Dirk Frans sagte am Montag in Kabul, betroffen seien die zehn Ausländer und Afghanen, die für die Hilfsorganisation im Nordosten des Landes unterwegs waren. Bei der getöteten Deutschen habe es sich um eine Frau namens Daniela B. gehandelt. Das Team sei von dem US-Amerikaner Tom Little geführt worden.
Bei den Toten handelt es sich um eine Deutsche, sechs US-Amerikaner, eine Britin und zwei Afghanen. IAM war bereits am Wochenende davon ausgegangen, dass die eigenen Mitarbeiter betroffen waren. Frans wollte vor einer endgültigen Bestätigung aber die Identifizierung der Leichen in Kabul abwarten. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes stammte die 35-jährige Deutsche aus Sachsen.
Frans sagte am Montag, das afghanische Innenministerium werde den Vorfall gemeinsam mit dem US-Bundeskriminalamt FBI untersuchen. Er betonte erneut, seine Organisation habe trotz der Morde derzeit nicht die Absicht, sich aus Afghanistan zurückzuziehen. IAM arbeite seit 1966 in dem Land. »Es gab Zeiten, da war die Sicherheitslage viel schlimmer als jetzt.«
Der bislang schwerste Angriff auf ausländische Helfer in Afghanistan wurde von US-Außenministerin Hillary Clinton als »sinnloser Akt« aufs Schärfste verurteilt. Die Opfer seien nur »in diesen abgelegenen Teil der Welt gereist, um bedürftigen Menschen zu helfen«. Sie sei untröstlich angesichts des Verlusts »dieser heldenhaften und großzügigen« Leute. »Wir verurteilen auch den durchsichtigen Versuch der Taliban, das Unentschuldbare mit falschen Behauptungen über ihre Aktivitäten in Afghanistan zu rechtfertigen«, erklärte Clinton in Washington. Die Bundesregierung sprach ebenfalls von einem »feigen Mord« und forderte die Bestrafung der Täter.
Der französische Außenminister Bernard Kouchner nannte die Ermordung der Helfer in Afghanistan einen »ganz besonders feigen und grausamen Akt«. Die Tat zeuge von tiefer Missachtung des menschlichen Lebens.
Die Taliban hatten sich zu der Tat bekannt und die Helfer als »christliche Missionare« bezeichnet, die spioniert und Bibeln verteilt hätten. Die Hilfsorganisation wies die Beschuldigungen zurück.
Die Leichen der in einem entlegenen Berggebiet im Nordosten Afghanistans getöteten Helfer wurden per Hubschrauber nach Kabul gebracht und dort von Fachleuten identifiziert. Sie waren nach Angaben der Polizei am Donnerstag im Grenzgebiet zwischen der Provinz Nuristan und der Provinz Badachschan getötet worden. Ein afghanischer IAM-Mitarbeiter überlebte die Bluttat. Seinen Angaben zufolge rezitierte er aus dem Koran, um den Tätern zu zeigen, dass er Muslim ist.
Auch die Christoffel-Blindenmission (CBM) will nach den Morden in Afghanistan ihre Projekte dort weiterführen. Die CBM werde weiterhin Augenkliniken des Hilfswerks IAM und ein Mikrokreditinstitut anderer Partner in Afghanistan unterstützen, sagte Direktor Rainer Brockhaus am Montag im südhessischen Bensheim. Allerdings werde die Organisation die Gefährdung von mobilen Einsätzen in entlegenen Gebieten neu bewerten und deren Förderung möglicherweise verringern.
Die CBM hat nach den Angaben von Brockhaus keine eigenen Mitarbeiter in Afghanistan. Die CBM arbeite mit dem medizinischen Hilfswerk mit Sitz in Genf seit den 70er Jahren zusammen und unterstütze dessen Arbeit mit jährlich 250 000 Euro, hieß es. Die CBM fördert Augenkliniken, Gesundheitsprogramme, Rehabilitationseinrichtungen und Berufsausbildungen für Behinderte an mehreren Standorten in Kabul, Masar-i-Scharif und Dschalalabad.
Unterdessen ist eine Drohne der Bundeswehr in der Provinz Kundus im Norden von Afghanistan abgestürzt. Das unbemannte Aufklärungsflugzeug habe wegen technischer Probleme an Höhe verloren und sei beim Aufprall vollständig zerstört worden, teilte die Internationale Schutztruppe ISAF am Montag mit. An Bord seien weder Waffen noch Informationen gewesen, die die Aufständischen nutzen könnten.
Der Absturz sei »kein weltbewegendes Ereignis«, teilte das Verteidigungsministerium in Berlin mit. »Es ist ja keine Großdrohne«, sagte ein Sprecher. »Es gehört durchaus zum normalen Alltagsgeschäft, dass diese Drohnen, die ja unbemannt sind, auch aus technischen oder anderen Gründen durchaus mal verlustig gehen.«
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