Häfen spüren starken Rückenwind
Güterumschlag hat im ersten Halbjahr stark zugenommen
In Bremen halfen kürzlich nur noch Zeitungsinserate. Um die dringend benötigten Arbeitskräfte für die Autoterminals der Häfen zu finden, startete die Hafengesellschaft eine Anzeigenkampagne. Aber auch im Osten mehren sich die Zeichen eines maritimen Aufschwungs: In Saßnitz auf Rügen wird ein Offshore-Hafen für die Erdgaspipeline nach Russland errichtet und in Wittenberge, früher der westlichste Binnenhafen der DDR, wird nach Jahren der Ebbe nun ein zweiter Kai gebaut, um der neuen Nachfrage gerecht zu werden.
Für Claudia Roller ist klar: »Die Krise ist vorbei.« Dies sagte die Chefin des Hamburger Hafens am Montag auf der Halbjahrespressekonferenz. Im größten deutschen Hafen wurden bis Ende Juni insgesamt 58,6 Millionen Tonnen Seegüter umgeschlagen, ein Plus von 8,1 Prozent gegenüber dem schwachen Vorjahreszeitraum. Für 2010 hält die Chefin ein Wachstum von zehn Prozent für möglich.
Noch bis in den April hinein verlief die Entwicklung des Hamburger Hafens enttäuschend. Doch dann sorgte ein »exponentielles Wachstum« wieder für strahlende Mienen in den Führungsetagen. Im Juni legte der Umschlag um 16 Prozent zu. Damit sei die Krise beendet und auch zukünftig erwartet Frau Roller ein starkes Wachstum. Das hohe Vorkrisenniveau sei wieder in Sichtweite. Seit dem vierten Quartal 2008 war der Umschlag zeitweise um ein Drittel eingebrochen.
Bereits am Freitag hatte die börsennotierte Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA), der größte Terminalbetreiber an der Elbe, ihre Prognose für 2010 nach oben angehoben. Für das Gesamtjahr rechnet die HHLA jetzt mit einem Mengenwachstum »oberhalb von zehn Prozent« und einem Anstieg des Gewinns. »Die Zahl der Schiffe nimmt zu und die Größe der Schiffe hat zugenommen«, fasst HHLA-Vorstand Stefan Behn den Zukunftsoptimismus der Hafenwirtschaft zusammen.
Auch andere Häfen spüren wieder starken Rückenwind. In Rostock legte der Umschlag mit plus 10 Prozent auf rund 12 Millionen Tonnen noch schneller als in Hamburg zu, und der weltgrößte Binnenhafen Duisburg wuchs gar um 17 Prozent auf über 13 Millionen Tonnen. Zudem werden entlang der gesamten Küste von Saßnitz bis Wilhelmshaven, aber auch im Binnenland von Wittenberge bis Duisburg und Regensburg neue Terminals, Kais und Industrieansiedlungen entlang der Wasserstraßen gebaut. Vor allem die Industrie hat Standortvorteile der Häfen erkannt. Über die globale blaue Schnellstraße können die Rohstoffe aus aller Welt direkt importiert und die fertigen Produkte ohne Umwege über Straße und Schiene wieder ausgeführt werden.
Auch die Bundesregierung scheint den Logistik-Motor weiter schmieren zu wollen, Während sich andere maritime Wirtschaftsbereiche, wie der westdeutsche Schiffbau, über mangelnde Unterstützung aus Berlin beklagen, kündigte das Bundesverkehrsministerium eine Überraschung an. Im »Masterplan Logistik«, der im September vorgelegt wird, soll den Seehäfen und deren Hinterlandanbindung aufgrund ihrer »überragenden Rolle« für den Exportvizeweltmeister »oberste Priorität« eingeräumt werden, sagte Verkehrs-Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) in einem Interview. Skeptiker in der Logistikwirtschaft warnen allerdings vor der Labilität der Weltwirtschaft und einer zu starken Anhängigkeit von China.
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