Hamburger Personalkarussell
Für den Senat der Hansestadt werden neue Köpfe gesucht
Mit Ian Karan, Unternehmer und designierter Wirtschaftssenator (ND berichtete), der in Sri Lanka zur Welt kam, würde der erste Migrant in der Hansestadt einen Senatsposten bekleiden. 40 Jahre habe er gebraucht, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten, aber nur 40 Sekunden, um sich in Hamburg zu verlieben – so kommentierte der Träger des Bundesverdienstkreuzes seine Einbürgerung Ende 2009.
Die oppositionelle SPD bewerte die Personalie »zurückhaltend«, so Pressesprecher Christoph Holstein: »Karan hat eine interessante Biografie und ist in der Gesellschaft verankert. Dass er auch einmal für die Schill-Partei gespendet hat, ist ihm wahrscheinlich selbst am peinlichsten.« Für ihn und seine künftigen Kollegen gelte aus SPD-Sicht: »Sie stehen vor schwierigen Aufgaben, und wir haben eine gewisse Skepsis, ob sie das hinkriegen.«
Karan, dessen Logistik-Unternehmen »Capital Intermodal« von Tochter Navina weitergeführt werden soll, wird nicht das einzige neue Gesicht auf Hamburgs kurzlebiger politischer Bühne sein. Finanzsenator Carsten Freytag trat im Frühjahr zurück, gegen seinen Nachfolger Carsten Frigge ermittelt die Staatsanwaltschaft im Zuge der Mainzer CDU-Finanzaffäre. Wirtschaftssenator Axel Gedaschko räumte seinen Posten kurz nachdem von Beust und Kultursenatorin Karin von Welck ihre Rücktritte verkündet hatten. Die Hamburger Morgenpost verglich den Senat schon mit »einem Haufen Teenager mit Null-Bock-Attitüde«.
Als Kultursenator ist nun Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff von der bisherigen Amtsinhaberin vorgeschlagen worden. Der CDU-Politiker war bis zur Ablösung der schwarz-gelben Landesregierung Kulturstaatssekretär in Nordrhein-Westfalen. Voraussichtlich wird der neue Senator nicht mehr für das Projekt Elbphilharmonie zuständig sein – seit dem Rücktritt von Welcks wurde darüber diskutiert, das Kulturressort zu beschneiden oder ganz abzuschaffen. Bleibt die Frage, wer Ahlhaus als Innensenator folgen soll: Als aussichtsreichster Kandidat gilt Heino Vahldieck, bisher Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes.
Der gegenwärtige Innensenator Ahlhaus erfüllt damit die Hausaufgaben, die ihm der grüne Koalitionspartner aufgetragen hat: Die kriselnde Elb-CDU wieder auf Kurs zu bringen. Heute muss sich der 40-Jährige bei einem GAL-Mitgliederabend der grünen Basis stellen. Ahlhaus fordert eine »faire Chance«, das 2008 geschlossene schwarz-grüne Bündnis als »stabiles Politikmodell« vorzustellen.
Am Sonntag entscheidet eine Mitgliederversammlung der Grünen, ob Ahlhaus bei der Bürgermeisterwahl die Stimmen der GAL erhalten soll. SPD-Pressesprecher Holstein rechnet nicht mit Turbulenzen: »Das revolutionäre Potenzial der Grünen wird oft überschätzt.« Gleichwohl haben die Parteilinken Aram Ockert und Peter Schwanewilms einen Antrag gestellt, »den Bruch der Koalition herbeizuführen«. Folge wären Neuwahlen im Herbst – eine Variante, für die SPD-Landeschef Olaf Scholz wirbt: »Die Menschen, die die CDU wegen Ole von Beust als Bürgermeister gewählt haben, wollen ihre Stimme wiederhaben.«
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