Kartelle im Dienste der Armen?

  • Lesedauer: 2 Min.

Für viele Entwicklungsländer, auf dem Weltmarkt lediglich Lieferanten schlecht bezahlter Rohstoffe, schien die Gründung der OPEC eine Alternative aufzuzeigen. Produzentenvereinigungen hofften, über die Regulierung des Marktes den Abnehmern in den Industriestaaten faire Preise abtrotzen zu können. Mehr Kaufkraft in den Produzentenländern schien plötzlich realistisch. Doch in der Praxis ging die Rechnung nicht auf.

Die Geschichte vieler, insbesondere landwirtschaftlicher, Rohstoffe – seien es Kaffee, Kakao, Reis oder Kautschuk – ist geprägt durch starke Preisschwankungen auf dem Weltmarkt. Die damit verbundene Verarmung der Bauern war ein Grund dafür, dass bereits 1962 die Kaffee produzierenden Länder dem OPEC-Beispiel folgten und sich zusammenschlossen, um den Preis für die aromatische Bohne zu regulieren. Die Produzenten des damals nach Erdöl weltweit wichtigsten Rohstoffs glaubten, mit internationalen Abkommen dem zeitweiligen Überangebot, tendenziell niedrigen Preisen und potenziellen Kaffeekrisen Einhalt gebieten zu können. Am 27. Dezember 1963 trat das erste Abkommen in Kraft. 44 Anbau- und 18 Importländer einigten sich auf Mindestpreise und Exportquoten. Bis in die 80er Jahre funktionierte dies relativ reibungslos, dann tauchten neue Großanbieter wie Vietnam auf, die die Preise unterliefen. Und wenig später scherte der Großabnehmer USA aus. Freihandel lautete die Parole aus Washington, die für ruinösen Wettbewerb, Preisverfall und Verarmung der Bauern sorgte. Das fünfte Abkommen aus dem Jahr 1994 konnte die Entwicklung lediglich verlangsamen, doch es machte die Einnahmen immerhin etwas kalkulierbarer, was für viele Bauern in den Entwicklungsländern überlebenswichtig ist. Das zeigen auch andere Beispiele, etwa bei Kautschuk, Kakao oder Bauxit. Sämtliche Produzentenvereinigungen haben letztlich die Regulierung der Preise im Sinn.

Jüngstes Beispiel ist die Idee der thailändische Regierung während der Welternährungskrise von 2008, in Südostasien ein Reis-Kartell nach dem Beispiel der OPEC aus der Taufe zu heben. Doch die Initiative verlief im Sande. Gründe dafür waren Stimmen aus den Vereinten Nationen und der Weltbank, die daran erinnerten, dass hohe Preise dieses Grundnahrungsmittels vor allem die Ärmsten treffen, und auch die Uneinigkeit der Produzenten.

Letzteres gilt auch für viele andere Produkte. Die OPEC ist aus dieser Perspektive die große Ausnahme geblieben. Knut Henkel

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.