Bangen nach dem Busunglück

Erst sechs der 13 Opfer identifiziert

  • Lesedauer: 3 Min.

Nach dem Busunglück bei Berlin mit 13 Toten häufen sich Fragen. Hatte der polnische Bus Sicherheitsgurte? Hätten mehr Menschen überleben können? Warum rammte ein Auto den Bus? Viele wissen zudem noch nicht, ob ihre Angehörigen am Leben sind.

Nach dem schweren Busunglück bei Berlin sind bis Montagnachmittag erst sechs der 13 Toten identifiziert worden. Das sagte der Polizeipräsident von Frankfurt (Oder), Arne Feuring, in Potsdam. Unter den Toten ist laut Polizei auch ein 13 Jahre altes Mädchen. Der polnische Bus mit 49 Insassen war am Sonntag auf der Autobahn am Schönefelder Kreuz gegen eine Brücke gerast. Es blieb unklar, ob die Fahrgäste angeschnallt waren – und ob der zwölf Jahre alte Bus überhaupt mit Sicherheitsgurten ausgestattet war.

Am Montag trafen 120 Angehörige aus Polen ein, um etwas über das Schicksal ihrer Verwandten zu erfahren. »Einige sind so schwer verletzt, dass sich eine Identifizierung schwierig gestaltet«, sagte ein Polizeisprecher. Die Brandenburger Landesregierung setzte eine Arbeitsgruppe ein, die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt wegen fahrlässiger Tötung. 38 Menschen wurden bei dem Unfall verletzt, 18 von ihnen schwer. Darunter ist auch die 37 Jahre alte Fahrerin des Wagens, der möglicherweise die Tragödie verursacht hatte. Sie steuerte das Auto mit Berliner Kennzeichen, das am Schönefelder Kreuz von der A113 auf die A10 auffahren wollte. Die Frau, die zwei Mitfahrer bei sich hatte, verlor nach ersten Erkenntnissen die Kontrolle und prallte gegen den vorbeifahrenden Reisebus. Der Busfahrer geriet aus der Spur und raste gegen den Brückenpfeiler.

Das Busunglück löste in Polen eine Debatte über die Gurtpflicht aus. »Die Bilder lassen die Vermutung zu, dass nicht alle Insassen angeschnallt waren«, sagte der Sprecher der polnischen Feuerwehr, Pawel Fratczak, dem Fernsehsender »TVPInfo«. Viele Menschen seien nach dem Aufprall durch die Fenster des Busses nach außen geschleudert worden, erläuterte er. Das beweise, dass sie offenbar ohne Gurt gefahren seien.

Erst seit Oktober 2007 müssen alle in Polen neu zugelassenen Busse mit Sicherheitsgurten ausgestattet sein. Die Transportunternehmen, die ältere Modelle ohne Gurte besitzen, können sie freiwillig nachrüsten. Eine Pflicht besteht aber nicht. Offen blieb zunächst, ob der Bus der Firma POL-BUS aus Suchan in Westpommern Sicherheitsgurte hatte. Das Unternehmen wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Dem Eigentümer Tomasz Sochacki zufolge handelte es sich beim Unfallbus um ein zwölf Jahre altes Fahrzeug.

In der Woiwodschaft Westpommern, aus der die Opfer kamen, wurde für heute eine eintägige Trauer ausgerufen. In Brandenburg wehten die Flaggen am Montag auf halbmast. Der Unglück war nach Worten von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) eines der bisher schlimmsten in Brandenburg. »Wer die Unfallstelle gesehen hat, kann zumindest ahnen, was dort während des Unfalls vor sich gegangen ist.« Platzeck bedankte sich bei den rund 300 Einsatzkräften.

Polens Botschafter in Deutschland, Marek Prawda, lobte die Versorgung der Verletzten. »Ich glaube, sie hatten von Anfang an das Gefühl, dass sie in besten Händen sind.« Polens Regierungschef Donald Tusk, der am Sonntagabend angereist war, kehrte nach Warschau zurück. Tusk hatte gemeinsam mit Platzeck Verletzte in einer Klinik besucht. dpa

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