ACS: Offerte als Befreiungsschlag

Spanischer Hochtief-Konkurrent steckt in finanziellen Schwierigkeiten

  • Lesedauer: 3 Min.
Von Ralf Streck, San Sebastian

Die Belegschaft des größten deutschen Baukonzerns Hochtief ist nicht begeistert, dass der spanische ACS ihren Arbeitgeber übernehmen will. Zumal ACS selbst in massiven Schwierigkeiten steckt und ein wenig attraktives Angebot gemacht hat.

Beim Widerstand gegen die Übernahme bilden sich ungewöhnliche Allianzen: Konzernbetriebsratschef Siegfried Müller spricht vom »Schulterschluss mit dem Vorstand«. Auch die Kleinaktionäre in Deutschland und Spanien sind nicht begeistert: »Das Übernahmeangebot hat negative Konsequenzen für die Aktionäre beider Seiten, daher weisen wir sie kategorisch zurück«, heißt es in einem Schreiben. Die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz und der spanische Verband der Minderheitsaktionäre raten, nicht an der Übernahme teilzunehmen. Sie sei unattraktiv und zudem nur ein Angebot zum Aktientausch. Geboten werden 55,68 Euro je Hochtief-Aktie – weniger als der Börsenpreis vor dem Übernahmeangebot.

Kritisiert wird auch, dass ACS (Actividades de Construcción y Servicios, SA), der erst 1997 durch die Fusion zweier kleinerer Konzerne entstand, das Übernahmerecht ausheble: ACS hält bisher 29,98 Prozent der Aktien. Wären es 30 Prozent, hätte ACS ein Übernahmeangebot für alle Aktien unterbreiten müssen. Ein Aufschlag von rund 20 Prozent wäre fällig geworden. Das Geld hat aber der durch die geplatzte Immobilienblase in Spanien angeschlagene Konzern nicht. ACS spekuliert wohl auf eine Ablehnung des »freiwilligen Tauschangebots«, um Aktien zu Marktkursen zu kaufen, wenn sie gerade günstig sind.

ACS versucht mit Hochtief einen Befreiungsschlag. Der Konzern ist, wie der Fußballverein Real Madrid, bei dem ACS-Chef Florentino Pérez Präsident ist, stark verschuldet. Zehn Milliarden Euro sollen es sein. Es wird sogar vermutet, dass sich der Konzern die Aktien leihen muss, die er für die Übernahme braucht. Dennoch erzielte der Konzern mit Sitz in Madrid 2009 einen Umsatz von 15,6 Milliarden Euro und beschäftigt weltweit über 142 000 Mitarbeiter. ACS, der durch große Übernahmen schon bald nach seiner Gründung zum spanischen Branchenprimus aufstieg und inzwischen die Nummer vier der europäischen Baukonzerne ist, wendet eine alte Strategie an, um sich Konkurrenten einzuverleiben. Und der spanische Staat unterstützt das Geschäftsgebaren.

Dass Spanien seine Konzerne schützt, wurde auch am gescheiterten Versuch von E.on deutlich, den Energieversorger Endesa zu übernehmen. Seit vier Jahren versucht ACS-Chef Pérez zudem, die hochprofitable baskische Iberdrola zu schlucken. Die wehrt sich gerichtlich und wirft ACS vor, mit falschen Zahlen zu hantieren.

Dass ACS von höchster Stelle gestützt wird, zeigt sich auch daran, dass extra ein Gesetz geändert wurde, um die Übernahme von Iberdrola zu erleichtern. Und auch Real Madrid wird massiv protegiert: Die Millionenschulden bei Finanzamt und Sozialversicherung werden nicht vollstreckt. Und auch sportlich ging Pérez' Strategie schief, durch massive Einkäufe erfolgreich zu werden: In der vergangenen Saison konnte Real Madrid keinen Pokal gewinnen, die Schulden dagegen wuchsen immer weiter.

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