Berlin und Paris streiten über NATO-Konzept

Abwehr-Raketen und/oder Nuklearwaffen? LINKE fordert vor Unterschrift Abstimmung im Bundestag

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Die NATO will demnächst eine neue Strategie beschließen. Doch die beiden größten europäischen Partner – Deutschland und Frankreich – streiten über die künftige Rolle von Atomwaffen. Die LINKE fordert überdies, dass der Bundestag – vor allen Zusagen der Regierung – über das Dokument abstimmen müsse.

Berlin (ND-Heilig). Die künftige Strategie der NATO über Atomwaffen und Raketenabwehr sorgt offenbar für Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich. Bei den ersten Beratungen zu der geplanten neuen Strategie auf Botschafterebene wurden entgegengesetzte Positionen deutlich. Der Konflikt dreht sich um eine zentrale militärische Frage: Soll die NATO-Raketenabwehr Nuklearwaffen mittelfristig ersetzen – wie es Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) vorschwebt – oder soll die Raketenabwehr bestenfalls eine Ergänzung der Atomwaffen sein? Letzteres favorisiert die Atommacht Frankreich.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen will angeblich einen Kompromiss ausloten und trifft sich deshalb am Freitag mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy in Paris. Tags zuvor werden die Außen- und Verteidigungsminister der Allianz in Brüssel über das neue Konzept beraten.

Rasmussen hatte am Montag erneut für den Raketenschirm geworben, zugleich aber klargestellt, dass ein Verzicht auf Atomwaffen auf absehbare Zeit nicht in Frage kommt: »Der Raketenschirm ist kein Ersatz für nukleare Abschreckung«, sagte er.

Beratungs- und Formulierungsbedarf gibt es auch zum Artikel 5 des NATO-Vertrages. Er sieht den Beistand für den Fall eines militärischen Angriffs auf ein Bündnismitglied vor. Einige Staaten wollen, dass dieser Beistand auch für den Fall von Computerangriffen oder gestörter Energieversorgung eingefordert werden kann. Deutschland sieht elektronische Kriegsführung und Energieprobleme dagegen klar jenseits des Geltungsbereichs von Artikel 5.

Die neue – noch geheime – Strategie soll spätestens beim NATO-Gipfel am 19. November in Lissabon verkündet werden. Zuvor müsse jedoch der Bundestag über das neue NATO-Dokument abstimmen, fordert die Linksfraktion und hat das jetzt formal beantragt.

»Aufgrund der politischen Bedeutung und der strukturellen Konsequenzen für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik hält der Bundestag seine Beteiligung für notwendig«, heißt es in der Antragsbegründung, die dem Parlament zugeleitet wurde. Die Abgeordneten müssten die Gelegenheit bekommen, die Einhaltung der parlamentarischen Vorgaben bei der Fortentwicklung der NATO zu überprüfen. Bisher haben die Volksvertreter jedoch noch nicht einmal vollständigen Einblick in das Papier erhalten. Dagegen hat es bereits mehrfachen Protest gegeben. Auch deshalb erhofft die LINKE Zustimmung in anderen Fraktionen.

Die Linksfraktion bezieht sich in ihrem Antrag auf Verfassungsgerichtsurteile aus den Jahren 1994, 1999 und 2001 sowie auf das jüngste, 2009 ergangene Urteil zum Lissabon-Vertrag. 2001 hatte die PDS dagegen geklagt, dass die rot-grüne Bundesregierung 1999 ohne Beteiligung des Bundestags einem neuen Strategischen Konzept der NATO zugestimmt hatte. Die Karlsruher Richter entschieden allerdings, dass dies »für die Fortentwicklung des Vertrages unterhalb der Schwelle der Vertragsänderung« nicht erforderlich sei.

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