Frankreich: Kontrahenten rüsten zum Showdown
Sarkozy will Rentencoup schleunigst durchdrücken / Regierung hofft auf Herbstferien
Paris (Agenturen/ND). Die französische Regierung will die Rentenreform so schnell wie möglich durchdrücken, die Gegner planen schon neue Proteste – auch nach der Verabschiedung. Am Donnerstag blockierten Demonstranten vorübergehend die Zufahrt zum Flughafen von Marseille. In der Gegend von Le Havre errichteten Gegner der Reform eine Barrikade auf einer Autobahn. Auch Schulen und Universitäten waren weiterhin von Protestaktionen betroffen. Bei der Benzinversorgung müssen sich die Franzosen noch mehrere Tage lang auf Probleme einstellen.
Die französische Regierung will die Abstimmung über die umstrittene Rentenreform beschleunigen. Auf diese Weise könne der Senat das Projekt bis spätestens diesen Freitagabend billigen, berichtete die Website lefigaro.fr unter Berufung auf ungenannte Parlamentarier. Die Regierung hat nach der Verfassung das Recht, ein vereinfachtes Abstimmungsverfahren zu verlangen. Ein Vermittlungsausschuss zwischen Nationalversammlung und Senat soll am Montag tagen. Mit einer endgültigen Verabschiedung in beiden Kammern wird am nächsten Mittwoch oder Donnerstag gerechnet.
Innenminister Brice Hortefeux räumte ein, dass es weiter Schwierigkeiten bei der Verteilung von Treibstoff gebe. »Es gibt aber Reserven für mehrere Wochen«, sagte er dem Sender Europe 1. Umweltminister Jean-Louis Borloo ist unterdessen in die Kritik geraten, weil er die Schwierigkeiten bei der Spritversorgung anfangs kleingeredet hatte.
Trotz der Ankündigung von Sarkozy, alle Blockaden von Benzindepots zu beenden, war am Donnerstag der Zugang zu mindestens 14 Lagern versperrt. Demonstranten lieferten sich Katz- und Mausspiele mit der Polizei und besetzten die Depots immer so lange, bis die Sicherheitskräfte auftauchten. Aber auch wenn alle Lager wieder zugänglich sein sollten, ist das Versorgungsproblem nicht gelöst. Mittlerweile sind alle zwölf Raffinerien des Landes heruntergefahren. Sie wieder in Betrieb zu setzen, dauert aus technischen Gründen mehrere Tage. Frankreich muss außerdem seit Beginn der Woche verstärkt Strom importieren, da wegen der Streiks die eigene Produktion gedrosselt ist.
Die Streiks haben die Fluggesellschaft Air France-KLM nach Medienberichten bislang etwa 25 Millionen Euro gekostet. Auf französischen Flughäfen waren zahlreiche Flüge gestrichen worden.
Die Proteste gegen die geplante Anhebung des Rentenalters waren zuletzt radikaler geworden. Allein am Mittwoch seien knapp 200 mutmaßliche Randalierer in Polizeigewahrsam gekommen, sagte Hortefeux. Seit dem 12. Oktober wurden 1900 Menschen vorübergehend festgenommen, unter ihnen auch Minderjährige. Die Regierung hofft, dass mit den am Wochenende beginnenden Herbstferien die Proteste abebben. Mehrere Gewerkschaften planen allerdings bereits »neue Formen von Protest« für die Zeit nach der Verabschiedung. Auch viele Schüler sind entschlossen, die Proteste fortzusetzen. Tagesthema Seite 2
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