»Springende« Räder und fliegende Fische

Künstlerische, sportlich-motorisierte und würzige Genüsse in Südkärnten

Mit 800 Kilometer Wander- und 1246 Kilometer Radwegen ist die Region um den Klopeiner See in Südkärnten genau das Richtige für alle, die Erholung mit Bewegung und Kultur verbinden wollen.
Marta Tomitz
Marta Tomitz

Kiki Kogelnik? – Nie gehört? Andy Warhol, Roy Lichtenstein aber schon. Kiki Kogelnik gilt sozusagen als ihre österreichische Schwester im Geiste. Sie lebte viele Jahre in den USA und gehörte auch zur Künstlergruppe um Andy Warhol. Die 1997 im Alter von 62 Jahren verstorbene Pop-Art Künstlerin ist in ihrer Heimat Bleiburg – einer mittelalterlichen Kleinstadt im Süden des österreichischen Bundeslandes Kärnten – heute allgegenwärtig. Ihr Geburtshaus steht direkt neben dem Werner-Berg-Museum, das in diesem Jahr Kiki Kogelnik eine große Ausstellung widmete. Werner Berg war einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts in Österreich.

Kogelniks »Flucht« in die USA in jungen Jahren war der Liebe zum amerikanischen Künstler Sam Francis geschuldet, aber auch mangelnder Anerkennung in der Heimat. »Der Prophet gilt im eigenen Lande nichts, das galt auch für Kiki Kogelnik«, sagte Raimund Grilc, Vorsitzender der Stiftung Werner Berg. Sie kehrte nie dauerhaft nach Bleiburg zurück. Im Skulpturengarten steht ein Stolz des Berg-Museums – ein echter Hrdlicka: Die 1959-63 entstandene Kreuzigungsgruppe. »Der linke Räuber trägt Hrdlickas Gesichtszüge«, meint Grilc augenzwinkernd. Der überzeugte Kommunist und Atheist habe wohl im Leben auch nichts bereut.

Von der Kunst im und um das Werner-Berg-Museum geht es »künstlerisch« weiter – auf den Kunstradweg durch die Bleiburger Region. Es gibt zwei verschiedene, aber etwa gleich lange Strecken. Zuweilen sollen Touristen schon nachgefragt haben, ob sie da auf einem Kunstrad fahren. Doch es ist keine Kunst, den 25 Kilometer langen Radweg in rekordverdächtiger Zeit zurückzulegen. Es ist auch keiner außergewöhnlich guten Kondition zu verdanken. Nur einem schlichten kleinen Motor, den man, so man möchte, beim sogenannten E-Bike einfach anschaltet. Schon ist jede Bergfahrt ein Riesenspaß. Beim ersten Startversuch springt das Rad noch wie ein sich aufbäumendes Pferd, aber den Dreh zwischen Anstrengung und Fahrspaß zu variieren, haben wir schnell raus. Wir starten am Kiki-Kogelnik-Brunnen in Bleiburg und passieren die Pestsäule, die 1724 als Dank für die Verschonung der Stadt von der Seuche errichtet wurde. Quer durch Wiesen und Felder, vorbei an Kirchen, Schlössern, Skulpturen. Nichts für schwache Nerven ist die Überquerung der 97 Meter hohen und 460 Meter langen Jauntalbrücke, der höchsten Eisenbahnbrücke Europas. In Aich – das dortige Team spielt in der zweiten Liga Österreichs – symbolisiert die Volleyballskulptur sechs Spieler, die sich vor dem Spiel im Kreis verbinden, um ihren Zusammenhalt zu zeigen.

Wir stoppen unsere rasante Tour in Replach vor einem riesigen Garten – dem Reich von Martha Tomitz. Rund 150 Wald- und Wiesenkräuter und unzählige Blumen gedeihen hier. Tochter Heidi kommt aus dem gegenüberliegenden Haus geeilt und will sofort ihre Mutter aus Bleiburg herrufen. »Nein, nein«, sagte unser Radweg-Experte Peter Kuehs freundlich, aber bestimmt. »Wenn Martha kommt und erzählt, kommen wird die nächsten drei Stunden hier nicht mehr weg.«

Wir lernen aber Martha Tomitz zum Glück noch kennen. Auf dem Coppla Kasa-Fest in Bad Eisenkappel. Kasa ist die alte Bezeichnung für einen Speicher, wo Kartoffeln, Schnaps, Getreide und Speck gelagert wurden. Auf dem Fest verkaufen die Bergbauern der Umgegend ihre Erzeugnisse und feiern die gute Ernte. Die freundliche, rundliche 66-jährige Martha, die mit Tochter Heidi ihre Blumen, Kräuter und vieles, was man daraus herstellen kann, an den Mann und die Frau bringen will, bietet uns einen guten Kräutertropfen an. »Ich habe keine Ahnung von Kräutern«, gesteht Heidi. Aber als Hilfsarbeiter ihrer Mutter sei sie schon zu gebrauchen. In jungen Jahren verunglückte Marthas Mann, sie zog ihre vier Kinder allein groß, widmete dann all ihre Liebe den Kräutern und hat, wie sie sagt, »immer Kräuter für alle Fälle parat«. Seit fast 40 Jahren baut sie Kräuter an – überwiegend medizinische Pflanzen und Gewürze. Ihr Handwerk lernte sie in Klöstern. »Für jedes Wehwehchen ist ein Kraut gewachsen, ist sie überzeugt, nennt ihr Kräuterparadies »Die Apotheke Gottes« und Paracelsus und Kneipp ihre Vorbilder.

Milan Wutte, der eigentlich Maximilian heißt, den Namen aber schon als Kind blöd fand, bringt eine Kiste mit an den Klopeiner See. Da sind aber keine Kräuter drin, sondern Tiere – 300 verdammt teure, handgefertigte Fliegen. Die wollte wir eigentlich auf der Kleinen Drau auswerfen, um damit Fische zu fangen. Da der Fluss aber Hochwasser führte, wichen wir auf den Klopeiner See aus. Dort lachten sich die Fische ob der Fliegenimitate offensichtlich tot. Angebissen jedenfalls hat keiner. Darauf kommt es aber, so Milan Wutte, auch nicht an. »Fliegenfischen wirkt sehr beruhigend. Wir haben Ärzte unter den Stammgästen, die viel operieren. Und auch immer mehr Frauen.« Ob nun ein Fisch an der Angel zappelt oder nicht, gewonnen hat man schon, wenn man Spaß hat beim Erlernen der nicht ganz einfachen Fliegenfischtechnik.

  • Tourismusregion Klopeiner See: St.Kanzian, www.klopeinersee.at, Tel.: (0043) (0) 4239 222, E-Mail: info@klopeinersee.at
  • Kärnten Information: (0043 (0)463 3000, www.kaernten.at, E-Mail: info@kaernten.at
  • Kunstradweg: Tel.: (0043) (0) 4235 3345, www.kunst-radweg.at,
  • Kräutergarten: Tel.: (0043) (0) 4235 2365, www.tomitz.net
  • Infos und Kurse zum Fliegenfischen: Hotel-Pension Wutte, St. Primus, Tel.: (0043) (0) 4239 28 69, www.alpe-adria-fischerei.at
Auf dem Kunstradweg mit dem Elektrobike
Auf dem Kunstradweg mit dem Elektrobike
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