Merkel sieht sich als Retterin des Euro
EU-Gipfel will mit einer Ergänzung des Lissabon-Vertrags die gebeutelte Gemeinschaftswährung stabiler machen
Brüssel (Agenturen/ND). Nach dem Desaster mit Griechenland vereinbarten die Staats- und Regierungschefs der EU dauerhaft einen Rettungsschirm für Pleite-Kandidaten der Euro-Zone. Bundeskanzlerin Angela Merkel setzte am Freitag bei dem Gipfel in Brüssel durch, dass dafür der EU-Vertrag von Lissabon um eine Passage ergänzt wird. Schon im Dezember beim nächsten Treffen der Staats- und Regierungschefs soll dieser Zusatz abgesegnet werden.
Die Eurozone umfasst inzwischen 16 der 27 EU-Staaten. Einige von ihnen kämpfen mit einer gefährlich hohen Staatsverschuldung: Neben Griechenland sind das Irland, Spanien, Portugal und Italien. Der generalüberholte Stabilitätspakt soll schon ab Mitte 2011 stehen. Die notwendigen Gesetze sind auf den Weg gebracht. Da das Europaparlament eine gewichtiges Wort bei der Reform mitzureden hat, könnte es letztlich mehr »Automatismus« bei den Strafen geben als von der Gipfelrunde gewünscht.
Die Übernahme von Schulden anderer Staaten bleibt weiter verboten (No-Bail-Out). »Der Krisenmechanismus gilt nur für den Fall, dass die Stabilität des Euro als Ganzes in Gefahr ist«, stellte Merkel klar. Die Kanzlerin setzte in der Nachtsitzung weitgehende Forderungen durch und nannte die Gipfelbeschlüsse einen »Quantensprung«. »Unser Geld, der Euro, wird insgesamt sicherer«, behauptete Merkel. Allerdings folgte der Gipfel nicht dem deutsch-französischen Vorschlag, der als Höchststrafe für Defizitsünder den Entzug des Stimmrechts vorsah. »Die europäische Solidarität greift«, frohlockte Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Das sieht auch der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy so: »Der Europäische Rat hat einen soliden Pakt zur Stärkung des Euro besiegelt.« Von den Staats- und Regierungschefs hat Van Rompuy den Auftrag, bis Dezember auszuloten, wie der ständige Rettungsschirm funktionieren soll und wie die Änderung des Lissabon-Vertrages aussehen kann. Vertragsänderungen sind schwierig, weil dafür die Zustimmung aller Mitgliedstaaten nötig ist. Ratifizierungsverfahren können sich über Jahre hinziehen.
Jürgen Klute, Koordinator der Linksfraktion GUE/NGL im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments, erklärte: »Die Eurozone steht vor dem Abgrund klaffender Ungleichgewichte und aggressiver spekulativer Attacken – und der Kanzlerin fällt nichts weiter ein, als die Eurozone weiter nach deutschem Wesen umzubauen. Während zu Hause das eigene Stagnations- und Armutsmodell als leuchtendes Vorbild verkauft wird, bringt Merkel ihre Partner offen gegen Deutschland auf.«
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hielt der Bundesregierung Schönfärberei der Ergebnisse des EU-Gipfels zur Abwehr künftiger Finanzkrisen vor. Es werde nicht gelingen, das Treffen in Brüssel in einen Sieg für Kanzlerin Merkel umzudeuten, erklärte Steinmeier am Freitag in Berlin.
Rund vier Wochen vor der Weltklimakonferenz in Mexiko verständigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU zudem auf eine gemeinsame Klimaschutzstrategie. Zum Abschluss des Gipfels bekräftigte die Runde ihre Absicht, ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll anzustreben. Die Frage, welche konkreten Bedingungen an ein solches Abkommen gebunden sind, wurde allerdings vertagt.
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