Schulleiter untersagt Friedensforum
Baden-Württemberg: Veranstaltung unter dem Ökumene-Motto »Es ist Krieg! Entrüstet Euch!« verboten
Der Schulleiter eines Gymnasiums in Baden-Württemberg hat eine Veranstaltung mit dem Motto der ökumenischen Friedensdekade »Es ist Krieg. Entrüstet Euch!« in den Räumen der Schule untersagt. Die Veranstaltung war von der Volkshochschule Tuttlingen in der Kleinstadt Trossingen (Region Schwarzwald-Baar) für den 20. Oktober in Zusammenarbeit mit der evangelischen Erwachsenenbildung geplant und wurde in der örtlichen Presse angekündigt. Ulrich Schmitthenner vom evangelischen Stuttgarter Pfarramt für Friedensarbeit und zwei Rückkehrer aus dem freiwilligen Friedensdienst sollten darüber sprechen, ob das Militär Konflikte lösen kann und welche Alternativen es dazu gibt. Es sollte konkret auch darum gehen, in welcher Weise die Region an Herstellung und Export von Rüstungsgütern beteiligt ist.
Der Leiter der Volkshochschule Tuttlingen, Hans-Peter Jahnel, erklärte: »Wir bekamen kurzfristig die Erlaubnis entzogen, weil die Veranstaltung der Schulleitung zu politisch war. Wir sind Gäste in Schulen und müssen das akzeptieren.« Das Hausrecht an Schulen übe der Schulleiter aus. Der Veranstaltungsort sei bewusst gewählt worden, weil das Thema Oberstufenschüler interessiere.
»Mich hat es gewundert, dass der Schulleiter so reagiert«, sagt Jahnel. Klein beigeben werde man nicht, das Thema sei »gesellschaftspolitisch wichtig« und komme im nächsten Semester erneut ins Programm, dann mit einem anderen Veranstaltungsort. Der Schulleiter des Gymnasiums Trossingen, Oberstudienrat Wolfgang Menz, wollte ohne längeren zeitlichen Vorlauf zu seiner Entscheidung keine Stellung nehmen.
Die ökumenische Friedensdekade findet seit 30 Jahren in jedem Spätherbst statt, seit 1992 mit einem gemeinsamen Motto für alle Landeskirchen in den alten und neuen Bundesländern. Jan Gildemeister, der für die Friedensdekade geschäftsführend tätig ist, kann sich an keinen ähnlich gelagerten Fall erinnern, bei dem eine Veranstaltung mit dem Motto der bundesweiten Aktion verboten wurde.
Wiltrud Roesch-Metzler, Vizepräsidentin der katholischen Organisation Pax Christi und Mitglied im Arbeitskreis Friedensdekade, betont: »Das Motto ist nicht vom Himmel gefallen, sondern es entstand, weil Deutschland seit neun Jahren im Krieg in Afghanistan ist. Wir fordern, da herauszukommen.« Das Verbot einer Veranstaltung mit einem friedenspolitischen Thema in Schulräumen steht in Kontrast dazu, dass zwischen dem Kultusministerium in Stuttgart und dem Wehrbereichskommando Süd der Bundeswehr seit 2009 eine Kooperationsvereinbarung besteht. Danach werden Jugendoffiziere bei der politischen Bildung an Schulen bevorzugt eingesetzt, um die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik aus ihrer Sicht darzustellen. Sie werden auch bei der Aus- und Fortbildung von Referendaren und Lehrern tätig.
Das Auftreten von Offizieren in Schulen bezeichnete die Bundesregierung in der Antwort auf eine kleine Anfrage kürzlich als »wertfrei«. Für das Motto der etablierten christlichen Friedensdekade freilich gilt genau das nicht.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.