Sechs Zeilen zu Dr. No
Hamburgs CDU-GAL-Koalition einigte sich nur mühsam auf die Ablösung von Nordbank-Chef Nonnenmacher / Opposition wittert Morgenluft
Der Hamburger Senat präsentierte sich am Dienstag in herbstlicher Stille. Zur Pressekonferenz war kein Regierungsmitglied erschienen, stattdessen verlas Senatspressesprecherin Kristin Breuer eine Erklärung von kargen sechs Zeilen, versehen mit dem Hinweis »Dafür brauchte ich auch schon Schriftgrad 18«: CDU und GAL hatten sich verständigt, auf die Ablösung des seit Langem umstrittenen HSH-Nordbank-Vorstandsvorsitzenden Dirk Jens Nonnenmacher zu drängen. Dies sei »notwendig, um verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen«, so Breuer. Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein halten 85,5 Prozent der Anteile an der Bank, eine direkte Abberufung ermöglicht ihnen dieser Mehrheitsbesitz jedoch nicht. Dienstagmittag traf sich Bürgermeister Christoph Ahlhaus daher mit dem Nordbank-Aufsichtsratsvorsitzenden Hilmar Kopper und forderte ihn auf, Schritte zur Ablösung Nonnenmachers einzuleiten. Kopper, der sich bislang gegen derartige Maßnahmen ausgesprochen hatte, signalisierte nun gegenüber Ahlhaus sein Einverständnis.
Der im August ins Amt gewählte Bürgermeister reagierte damit auf ein Ultimatum seines grünen Koalitionspartners. GAL-Fraktionschef Jens Kerstan hatte am Sonntag erklärt, seine Partei würde einen weiteren Verbleib Nonnenmachers »im Senat nicht akzeptieren«. CDU-Fraktionschef Frank Schira erklärte nun knapp die Unterstützung für Ahlhaus und unterbot mit seiner knappen Stellungnahme (»Jetzt gilt es, nach vorn zu schauen«) noch die Breuersche Marke. Auch der von der CDU scharf kritisierte Kerstan beschränkte sich auf die Feststellung, es sei »nun ein Neubeginn möglich«.
Entsprechend schwer hatte es die Senatssprecherin bei der Opposition mit ihrer Beteuerung, die Koalition sei sich »in der Sache einig«, und die Stimmung »ausgesprochen gut«. »Der Bürgermeister hat offenbar nicht den Schneid, seine Entscheidung zu vertreten. Er ist ein Getriebener und nicht Herr des Geschehens«, erklärte SPD-Fraktionschef Michael Neumann zur »späten, aber richtigen Entscheidung«. Auch die LINKE sah den Bürgermeister zu diesem Schritt gezwungen. »Ahlhaus trägt diese Entscheidung nur mit, um die Koalition zu retten«, kommentierte Fraktionschefin Dora Heyenn und spekulierte über Neuwahlen vor dem regulären Termin im Februar 2012: »CDU und GAL versuchen beide für sich, den geeigneten Absprung aus der Koalition zu finden.« LINKE-Finanzsprecher Joachim Bischoff forderte eine schnellstmögliche Sitzung des Nordbank-Aufsichtsrats, um die Ablösung Nonnenmachers zu forcieren. Regulär tritt der Aufsichtsrat erst am 2. Dezember zusammen.
Bei einer Entlassung des 47-jährigen Managers, der in und inzwischen auch außerhalb der Bank als »Dr. No« bekannt ist, kämen auf Hamburg und Schleswig-Holstein vermutlich Abfindungskosten in siebenstelliger Höhe zu. Nonnenmacher hatte die kriselnde Nordbank im Herbst 2008 übernommen und 2009 einen viel diskutierten Sonderbonus von 2,9 Millionen Euro erhalten. Vorwürfe, Nonnenmacher habe Bankmitarbeiter und Politiker von der privaten Sicherheitsfirma »Prevent« überwachen lassen, hatten die Diskussion um »Dr. No« nochmals verschärft. Der studierte Mathematiker erklärte kürzlich, er werde die Debatten um seine Person nicht mehr kommentieren. Als Nachfolger ist der schwedische Ökonom Jan Eric Kvarnström im Gespräch, der seit 2007 mit seiner Familie in Hamburg lebt.
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