Zeitliche Befristung für ALG II unzulässig

Hartz IV für Ausländer

  • Lesedauer: 2 Min.
In Deutschland lebende EU-Bürger dürfen nicht von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen werden. Eine zeitliche Befristung für den Erhalt des Arbeitslosengeldes II ist nicht erlaubt, entschied der 14. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel am 19. Oktober 2010.

Rechtliche Grundlage für den Hartz-IV-Bezug sei das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) von 1953, welches für derzeit 18 Staaten verbindlich ist. Danach müssen die Bürger der EFA-Unterzeichnerstaaten – die meisten EU-Mitglieder sowie Norwegen, Island und die Türkei – sozialrechtlich gleichgestellt werden. Sie haben damit die gleichen Ansprüche auf staatliche Fürsorgeleistungen wie Deutsche.

Im konkreten Fall war der 1971 geborene Kläger im Dezember 2007 von Frankreich nach Deutschland zur Arbeitsuche eingereist. Da er in Frankreich in die dortige Arbeitslosenversicherung Beiträge eingezahlt hatte, konnte er auch in Deutschland Arbeitslosengeld I beanspruchen. Ab April 2008 bezog er Hartz-IV-Leistungen und arbeitete als Handwerksgehilfe auf Minijobbasis. Nach dem Ende seiner Beschäftigung wollte das Jobcenter Berlin-Mitte dem Arbeitslosen nur noch für weitere sechs Monate Hartz-IV-Leistungen zahlen. Die gesetzlichen Regelungen sähen vor, dass bei einer Beschäftigung in Deutschland von weniger als einem Jahr die Arbeitslosengeld-II-Leistungen auf sechs Monate befristet seien. Dies sei beim Kläger der Fall, so dass nach diesem Zeitraum nichts mehr gezahlt werde.

Dieser Auffassung widersprach das BSG. Auch das ALG II sei als Fürsorgeleistung anzusehen und falle unter das Europäische Fürsorgeabkommen. »Das Abkommen ist unmittelbar geltendes Bundesrecht«, so der Vorsitzende Richter Peter Udsching. Mit dem Fürsorgeabkommen werde auch nicht Gemeinschaftsrecht oder vorrangig anderes Bundesrecht verletzt. Der im Sozialgesetzbuch II festgelegte Leistungsausschluss für EU-Bürger dürfe daher nicht angewendet werden. epd

Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel vom 19. Oktober 2010, Az. B 14 AS 23/10 R

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.