Gewissenhaft

Michael Reis ist Militärpfarrer und Kriegsdienstverweigerer zugleich

  • Irina Berger
  • Lesedauer: 2 Min.

In der DDR hat er den Kriegsdienst verweigert, obwohl ihm zwei Jahre Gefängnis dafür angedroht wurden. Michael Reis, 43 Jahre alt, geboren in Kühlungsborn, ist überzeugter Pazifist. Und er ist evangelischer Militärpfarrer in der Schweriner Werderkaserne in Mecklenburg-Vorpommern. Seit einem Jahr betreut Reis 2100 Soldaten an den Standorten Schwerin, Hagenow (Kreis Ludwigslust) und Elmenhorst (Nordwestmecklenburg).

Bei seiner Einstellung hatte er seine Überzeugung betont. Die Bundeswehr nahm ihn dennoch. Wie passt das zusammen? »Wenn die Bundeswehr uns in Boot holt, dann muss sie damit rechen, dass wir Pazifisten sind«, erklärt Reis. Im lebenskundlichen Unterricht und in Rüstzeiten spricht er über ethische Fragen, den Tod und den Inhalt des Gelöbnisses.

Ursprünglich hatte Reis einmal Lokführer bei der Mecklenburgischen Bäderbahn »Molli« werden wollen. Der sportliche Mann mit dem glattrasierten Schädel stammt aus einer Eisenbahnerfamilie. Doch dann verweigerte er den Dienst bei der Volksarmee, durfte dann noch als Heizer bei der Bäderbahn arbeiten. Nach 1989 studierte Reis Theologie, wurde Gemeindepfarrer, Gefängnisseelsorger und zu Beginn des Jahres schließlich Militärpfarrer. Der Job macht ihm Spaß, auch wenn er manchmal die Spannungen spürt, die zwischen der Arbeit und dem Auftrag der Kirche bestehen. Dies äußere sich beispielsweise, wenn er einen Gottesdienst auf dem Gelände feiert, zu dem die Besucher mit Gewehr erscheinen.

Die Soldaten allerdings begegnen ihm mit viel Offenheit, berichtet Reis: »Die billigen, dass ich diese Vergangenheit habe.« Bei ihm sind sie mit ihren Zweifeln gut aufgehoben. Er hört ihnen genau zu. Angst etwa, die vor einem Auslandseinsatz geäußert wird, sei ganz normal, sagt Reis. Manchem der jungen Rekruten sei gar nicht bewusst, was ihn bei einem solchen Einsatz erwarte.

Der Militärpfarrer fügt aber hinzu: »Wenn er sagt, ›ich würde nie auf einen Menschen schießen‹, dann wäre er in Afghanistan fehl am Platz.« Sollte sich ein Soldat entscheiden, den Kriegsdienst aus Gewissensgründen zu verweigern, kann er sich auf die Unterstützung von Michael Reis verlassen.

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