Berlin im Bundesrat gegen Hartz IV-Gesetz

  • Lesedauer: 2 Min.
Berlin (dpa/bb) - Berlin will im Bundesrat am Freitag gegen die neuen Hartz-IV-Regelungen der Bundesregierung stimmen. Die Regierung habe die Chance verpasst, Rechtsfrieden für Millionen Hartz-IV- Empfänger zu schaffen, sagte Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) am Donnerstag. Stattdessen werde eine neue Klageflut vor den Sozialgerichten provoziert. Zahlreiche Experten hätten verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Zudem gebe es wachsende Zweifel an dem sogenannten Bildungspaket. Nach wie vor sei unklar, wie der Bedarf eines Kindes für Kultur und Sport mit dem vorgesehenen Betrag von 2,50 Euro pro Woche gedeckt werden solle.

Das Bundeskabinett hatte die Erhöhung des Hartz-Satzes um 5 Euro auf 364 Euro und bessere Bildungsangebote für Kinder von Langzeitarbeitslosen beschlossen. Die Bundesspitze der SPD hat sich auf die strikte Ablehnung der schwarz-gelben Pläne festgelegt. Das von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Alleingang vorgelegte Konzept erfülle nicht annähernd die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts.

Der Bund habe sich auch zu wenig darum gekümmert, dass die Jobcenter das Bildungspaket umsetzen könnten, kritisierte Berlins Justizsenatorin. Dafür würden nach Schätzung von Experten mindestens 1400 neue Mitarbeiter in den Jobcentern gebraucht. »Solange dieses Personal nicht vollständig verfügbar ist, drohen weitere Probleme.«

Zu wenig Personal in den Jobcentern verzögere die Bearbeitung und führe zu Fehlern in den Bescheiden, so von der Aue. Allein dadurch seien Tausende neuer Gerichtsverfahren vorprogrammiert. Von der Aue schlug im Streit um das Bildungspaket eine Übergangslösung vor. Bis zu einer Klärung der Sachleistungen des Bildungspakets sollten diese in bar an die Familien ausgezahlt werden. »Sonst erhalten die Kinder in dieser Zeit überhaupt keine Unterstützung.«

Schon die bisherige Gesetzeslage hat eine Klageflut vor den Sozialgerichten ausgelöst. Allein beim Berliner Sozialgericht sind seit dem Jahr 2005 mehr als 100 000 Hartz-IV-Klagen eingegangen, ein Teil davon auch wegen Untätigkeit überforderter Behörden.
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.