Fünf Jahre für einen Millionenschaden
Nach Risiko-Geschäften in Leipzigs Wasserwerken hofft angeklagter Manager auf Prozess-Deal
Kurzer Prozesstag gestern in Leipzig: Nachdem die 11. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zunächst hinter geschlossenen Türen mit dem Staatsanwalt gesprochen hatte, wurde in öffentlicher Verhandlung nur ein Angebot unterbreitet. Klaus Heininger, der einst Geschäftsführer der Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) war und nun als Angeklagter aus der Haft in Saal 115 des Gerichts geführt wird, soll maximal fünf Jahre ins Gefängnis, wenn er ein umfassendes Geständnis ablegt.
Zwei Mitangeklagten drohen unter gleichen Prämisse vier und dreieinhalb Jahre Haft. Ob alle Seiten dem Angebot von Richter Carsten Nickel zustimmen, zeigt sich morgen. Mit Heininger sitzt ein Mann auf der Anklagebank, dessen Wirken in Leipzig einschneidende Spuren hinterlassen könnte. Als KWL-Chef soll der Mann mit der hohen Stirn, der mit offenem Hemd, eleganter Brille und scheinbar gelassen zwischen den Verteidigern sitzt, hochgradig riskante und – wie heute klar ist – verlustreiche Finanzgeschäfte abgeschlossen haben. Und dies im Namen seines Unternehmens, aber ohne dessen Gremien ausreichend informiert zu haben. Die Verluste beziffert die Staatsanwaltschaft auf satte 285,5 Millionen Euro.
3,7 Millionen Schmiergeld
Heininger wird Untreue vorgeworfen, daneben Bilanzfälschung, weil die heiklen Geschäfte nicht korrekt in den Jahresabschlüssen ab 2006 verzeichnet gewesen seien. Dazu kommt Steuerhinterziehung und Bestechlichkeit, weil er 3,7 Millionen Euro Schmiergeld erhielt und die »Nebeneinnahmen« nicht korrekt versteuert habe.
Den Mitangeklagten, die als Vermittler die Geschäfte mit einer Schweizer Bank eingefädelt haben sollen, wird schwere Bestechung vorgeworfen. Sie haben satte Provisionen erhalten; Staatsanwalt Till von Borries hatte am ersten Prozesstag erklärt, zehn Millionen Euro lägen auf Auslandskonten. Zum gestrigen Deal gehört, dass die Finanzvermittler auf diese Einnahmen verzichten.
Akzeptieren alle Beteiligten den Vorschlag, wovon Beobachter ausgehen, müsste Heininger einen detaillierten Einblick in das Zustandekommen der Transaktionen liefern, die Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) »kriminell« genannt hatte. In der KWL hatte man offenbar Risiken aus dem sogenannten Cross-Border-Leasing absichern wollen. Teil des entsprechenden Geschäfts war aber, dass die Wasserwerke selbst als Versicherer auftraten und der Bank ihrerseits Kredit-Risiken abkauften. Man habe quasi ein Eigenheim absichern wollen und im Gegenzug eine Versicherung für einen Wolkenkratzer im Erdbebengebiet abgegeben, sagte Jung.
Für die Stadt könnte das riskante Spiel, das einer Wette glich, sehr teuer werden. Denn mit Einahmen aus den Wasserwerken wurde bislang der Nahverkehr subventioniert. Zudem hat die Stadt eine Bürgschaft abgegeben, damit die KWL und die kommunale Holding, zu der diese gehören, handlungsfähig bleibt.
Obwohl bereits erste Forderungen im Rathaus eingegangen sind, weigert sich Leipzig zu zahlen. Die Stadt meint, die riskanten Verträge seien nichtig, weil Heininger sie gar nicht habe abschließen dürfen.
Zweiter Prozess fiele weg
Ob dem so ist, muss in einem Zivilprozess vor Gericht geklärt werden, wobei derzeit unklar ist, wo die Frage verhandelt wird: Die KWL strebt ein Urteil in Leipzig an, die Bank dagegen in London.
Bei Heininger steht fest, dass er bei einem Geständnis in Leipzig verurteilt wird – und zwar nur einmal: Zu dem vorgeschlagenen Deal gehört, dass die Anklage in einem für nächste Woche angesetzten zweiten Prozess fallen gelassen wird, in dem es um Bestechung bereits beim Abschluss der Verträge zum Cross-Border-Leasing im Jahr 2002 ging: Flüge mit der Concorde und Reisen nach Dubai im Austausch für ein Geschäft, das quasi das Vorspiel zu den späteren, verlustreichen Transaktionen war.
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