Neues zur dreiwöchigen Klagefrist
Kündigungsschutz
Arbeitsverhältnisse, die dem KSchG unterliegen, können nur aus den im Gesetz genannten Gründen gekündigt werden. Liegen solche Gründe nicht vor, ist die Kündigung rechtsunwirksam. Allerdings muss der Arbeitnehmer diese – und zwischenzeitlich auch jede weitere – Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung durch Klage beim Arbeitsgericht geltend machen. Versäumt er diese Frist, gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam.
Was aber gilt, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zwar unter Umständen materiell wirksam gekündigt, aber die Kündigungsfrist falsch berechnet hat? Gerade vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung zu § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB ist dies besonders bedeutsam.
Dazu der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Stefan Haas (Düsseldorf), Mitglied des Verbandes deutscher Arbeitsrechts-Anwälte (VDAA): Es liegen zahlreiche Fälle vor, in denen der Arbeitgeber unter Anwendung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB gekündigt und deshalb eine zu kurze Kündigungsfrist zugrunde gelegt hat. Es fragt sich, ob der Arbeitnehmer, der sich dagegen nicht gewehrt hat, noch Ansprüche erheben kann.
Der für das Kündigungsschutzrecht zuständige 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat das im Urteil vom 6. Juli 2006 (Az. 2 AZR 215/05) bestätigt. In dem Fall war dem Arbeitnehmer unter Nichteinhaltung der Kündigungsfrist gekündigt worden. Er machte nach Ablauf der 3-Wochen-Frist die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist und daraus resultierende weitere Entgeltansprüche geltend.
Das BAG gab der Klage mit der Begründung statt, der Kläger sei nicht gehindert gewesen, die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist auch außerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG geltend zu machen. Der Arbeitnehmer, der lediglich die Einhaltung der Kündigungsfrist verlange, wolle gerade nicht die Sozialwidrigkeit oder Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt wissen. Er gehe im Gegenteil von der Wirksamkeit der Kündigung aus. Er wolle nur geltend machen: Sie wirke, allerdings zu einem späteren Zeitpunkt als es nach der Auffassung des Arbeitgebers der Fall sei.
Der für das Recht des Betriebsübergangs zuständige 8. Senat hat die Frage, ob die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist auch außerhalb der 3-Wochen-Frist möglich sei, in seinem Urteil vom 21. August 2008 (Az. 8 AZR 201/07) ausdrücklich offen gelassen und seine Entscheidung seinerzeit damit begründen können, das Recht des Arbeitnehmers, sich auf die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist zu berufen, sei jedenfalls verwirkt.
Ganz aktuell hat der für Arbeitsentgelt zuständige 5. Senat am 1. September 2010 (Az. 5 AZR 700/09) anders als der 2. Senat entschieden. Auch im dort entschiedenen Fall war eine Kündigung zum falschen Kündigungstermin ausgesprochen worden. Der Kläger hatte außerhalb der 3-Wochen-Frist Klage auf Leistung der Annahmeverzugsvergütung erhoben. Der 5. Senat führt aus, der Kläger hätte die unzutreffend angenommene Kündigungsfrist binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung gerichtlich geltend machen müssen. Da dies nicht erfolgt sei, habe die Kündigung das Arbeitsverhältnis zu dem vom Arbeitgeber (falsch) angegebenen Kündigungstermin gemäß § 7 KschG aufgelöst. Annahmeverzugsvergütung für die Monate bis zum richtig berechneten Beendigungszeitpunkt stünde dem Kläger daher nicht zu.
Arbeitnehmern muss dringend geraten werden, auch die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist innerhalb der 3-Wochen-Frist geltend zu machen, sonst drohen ihnen Rechtsverluste.
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