Schärfere Regeln für Steuerbetrug
Bei Selbstanzeige bleibt Kabinett aber nachsichtig
Berlin (dpa/ND). Steuersünder sollen künftig nicht mehr so leicht wie bisher durch Selbstanzeige einer Strafe entgehen können. Das Bundeskabinett beschloss dazu am Mittwoch in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf. Nach den Plänen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sollen die Hürden für die umstrittene strafbefreiende Selbstanzeige erhöht werden. Damit wird die Ausnahmeregel für Steuerbetrug restriktiver gestaltet, jedoch nicht abgeschafft.
Künftig sollen Steuerhinterzieher nur dann straffrei bleiben, wenn sie ihre Schwarzgeld-Geschäfte umfassend offenlegen. Die Teil-Selbstanzeige, mit der sich Betrüger nur scheibchenweise – je nach Entdeckungsrisiko – erklären, soll abgeschafft werden.
Bisher gilt die Strafbefreiung auch für Selbstanzeigen, die etwa nur ein Jahr umfassen oder nur Einkünfte, die bei einer einzigen Bank versteckt wurden. Fliegen später weitere Schwarzgelder auf, muss der Steuerhinterzieher bisher nur für diesen neu entdeckten Teil Strafe fürchten. Auch soll künftig der Zeitraum für die mögliche Inanspruchnahme der strafbefreienden Selbstanzeige verkürzt werden. Es kann nicht mehr so lange gewartet werden, bis der Finanzbeamte zur Steuerprüfung erscheint. Künftig endet die Frist bereits mit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung.
Anders als zunächst diskutiert verzichtet Schäuble auf einen zusätzlichen Strafzins. Steuerbetrüger kommen damit wie bisher mit dem üblichen Nachzahlungszins von sechs Prozent davon. Dieser Punkt ist auch in der schwarz-gelben Koalition umstritten. Die Opposition nannte die Pläne unzureichend. Mit der Abkehr von der Selbstanzeige hätte »ein nachhaltiges Signal zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit« gesetzt werden können, erklärte die SPD-Finanzexpertin Nicolette Kressl. »Hohe Erwartungen an den Erfolg dieser Maßnahmen sollte man nicht stellen«, sagte sie zu dem Entwurf.
Der FDP-Finanzexperte Volker Wissing verteidigte die Pläne: Nur durch die strafbefreiende Selbstanzeige könne sichergestellt werden, »dass Verdächtige konstruktiv an der Aufklärung einer Steuerhinterziehung mitarbeiten«.
Die Deutsche Steuergewerkschaft äußerte ebenfalls Kritik. »Es gibt leider politische Kräfte, die Steuerhinterzieher decken und schützen wollen. Die FDP ist da in jedem Fall dabei, aber es scheint auch ein kleiner Teil der Union dazuzugehören«, sagte Gewerkschaftschef Dieter Ondracek der »Leipziger Volkszeitung«.
Mit den Gesetzesplänen zieht die schwarz-gelbe Koalition Konsequenzen aus den massenhaften Selbstanzeigen in den vergangenen zwei Jahren. Auslöser waren aufgetauchte Bankdaten aus Liechtenstein und der Schweiz. Aus Angst vor Entdeckung haben sich fast 30 000 Steuerbetrüger selbst angezeigt. Der Fiskus rechnet nach vorsichtigen Schätzungen in diesem Jahr mit zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen.
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