Altersvorsorge mit Streumunition
Neue Recherchen belegen massives Investment deutscher Banken und Versicherungen in Streumunition – auch Riester-Renten sind involviert
Als einen »Meilenstein« hatte die Bundesregierung die Konvention zum Verbot von Streumunition einst gefeiert. Bevor der Oslo-Prozess zum Erfolg führte, war jahrelang ergebnislos auf Ebene der Vereinten Nationen darüber verhandelt worden.
Die Konvention verbietet nicht nur Herstellung, Einsatz, Entwicklung und Lagerung sowie Im- und Export sämtlicher Streumunitionstypen. In Artikel 1c verpflichten sich die Staaten, »... unter keinen Umständen jemals irgendjemanden zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind«.
Genau das ist der Punkt, findet Barbara Happe von der Organisation Urgewald, die gemeinsam mit anderen Nichtregierungsorganisationen (NRO) die Recherche in Auftrag gegeben hat. Wie aus einer Anfrage der Grünen im Bundestag deutlich wird, sieht die Bundesregierung in dieser Formulierung keinen Anlass, Investitionen in Hersteller von Streumunition gesetzlich zu regulieren. Auch nicht, wenn es sich um Steuergelder handelt. Dabei schließt auch die private, staatlich geförderte Altersvorsorge solche Investments nicht kategorisch aus. »Mindestens 21 Anbieter der ›Riesterfonds‹ haben nachweislich mit ca. 500 Millionen Euro in die Hersteller geächteter Waffen investiert,« so Happe. Das kritisiert auch der ehemalige Arbeits- und Sozialminister Walter Riester. Der Namensgeber will aber verhindern, dass die Riester-Rente jetzt pauschal als Unterstützung von Waffenproduzenten gilt. »Bei der Riesterrente haben die Versicherten umfassende Informationsrechte«, sagt der SPD-Politiker und setzt auf die Verbraucher. Barbara Happe reicht das nicht: »Die erschreckenden Ergebnisse lassen nur einen Schluss zu: Die Zertifizierung von Riesterprodukten muss sich an ethischen und nachhaltigen Kriterien orientieren und somit auch ein Investment in völkerrechtswidrige Waffen ausschließen.«
Die NRO gehen weiter. »Im Interesse potenzieller Opfer muss jedwedes Investment in völkerrechtswidrige Waffen umgehend per Gesetz verboten werden. Es darf nicht sein, dass politischen Entscheidungsträgern die Interessen von Banken und Finanzdienstleistern näher sind als die der Opfer völkerrechtswidriger Waffen«, sagt Thomas Küchenmeister, der die Kampagne »Facing Finance« koordiniert. Denn die Riester-Rente macht bei dem Geschäft mit den Waffenproduzenten nur einen kleinen Teil aus. In erster Linie verdienen Banken und Versicherungen. Sie sind in einem Umfang von mindestens 1,3 Milliarden Euro an Unternehmen, die Streumunition herstellen, beteiligt. Unangefochtener Spitzenreiter ist dabei die Deutsche Bank mit einem Investment von 975 Millionen Euro, was Anleihen, Kredite und andere Finanzdienstleistungen einschließt. An zweiter Stelle folgt die UniCredit/HypoVereinsbank, die mit nahezu 225 Millionen Euro in die Hersteller investiert ist.
Die Deutsche Bank hält Aktien an fast allen führenden Herstellern von Streumunition: General Dynamics, L-3 Communications, Lockhead Martin, Raytheon, Textron und ST Engineering sind dabei. Die Bank selbst weist gegenüber den Anfragen von Happe und Co. zwar immer wieder ausdrücklich darauf hin, dass sie »ausdrücklich in keine Transaktionen in Zusammenhang mit speziellen Waffen wie Streubomben involviert sein will«. Die Recherche zeige deshalb, dass »Selbstverpflichtungen in diesem Bereich oft nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Um Missbrauch zu vermeiden, gibt es nur eine Alternative: ein gesetzliches Investmentverbot«. Andere Länder haben das vorgemacht: In Belgien, Luxemburg, Irland und Neuseeland sind die tödlichen Investitionen gesetzlich verboten. Kommentar S. 8
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