Vertrag bleibt in Düsseldorfer Landtag hängen
Bisherige Unterstützer rücken überraschend von Jugendmediennovelle ab, die nun nicht am 1. Januar in Kraft tritt
Überraschung aus Düsseldorf: Seit Mittwochabend sprechen sich plötzlich alle im NRW-Landtag vertretenen Fraktionen dagegen aus, die Novelle des Jugendmedien-Staatsvertrags zu ratifizieren. Damit wird der umstrittene Bundesländer-Vertrag nicht wie geplant am 1. Januar in Kraft treten. Die Abstimmung steht heute auf der Tagesordnung des Parlaments. Alle anderen Bundesländer hatten den JMStV ratifiziert.
Der Vertrag soll seinem Anspruch nach den Jugendschutz im Internet stärken. Doch Kritiker monieren insbesondere eine geplante, stufenweise Altersfreigabe (»ab 6, 12, 16 und 18 Jahren«) von Webseiten: Sie sei für kleinere Webseiten oder Weblogs ohne juristische Beratung nicht leistbar. Viele Kritiker wittern einen Einstieg in die Internetzensur. Die Linksfraktion im Landtag lehnt den »in weiten Teilen unsinnigen« Vertrag seit jeher ab. Er befördere nicht den Jugendschutz, einzelne Maßnahmen zeigten, dass deren Urheber keine Ahnung hätten von der Funktionsweise des Internets.
Noch vor SPD und Grünen vollzogen CDU und FDP am Mittwoch die Kehrtwende. Es müssten Schwachstellen nachgebessert werden, so der frühere Medienminister Andreas Krautscheid (CDU). Dabei hatte Jürgen Rüttgers, seinerzeit Ministerpräsident einer schwarz-gelben Koalition, den JMStV mit ausgehandelt. Seine Amtsnachfolgerin Hannelore Kraft gibt den beiden Nun-Oppositionsparteien die Verantwortung für das Scheitern des JMStV: Die rot-grüne Minderheitsregierung werde nicht ihren Kopf hinhalten für einen Vertrag, gegen den sie ohnehin Bedenken habe. Fakt ist: Würden SPD und Grüne für den Vertrag stimmen, wäre die erste Abstimmungsniederlage der seit Juli amtierenden Koalition zu konstatieren. Auf CDU und FDP mag diese Vision attraktiv gewirkt haben. Auf SPD und Grüne nicht.
Bisher sprach sich die SPD-Fraktion mehrheitlich für den Vertrag aus. Die Sozialdemokraten hätten »großen Druck« auf ihren grünen Koalitionspartner ausgeübt, bestätigte deren medienpolitischer Sprecher Matthias Bolte dem ND. Die Grünen hatten zunächst angekündigt, trotz Bedenken für den Vertrag zu stimmen. Dies hatte die Gemüter der Netzgemeinde erregt.
Die Debatte um den Vertrag in den Länderparlamenten sei »keine Sternstunde des Parlamentarismus«, kritisierte Ralf Michalowsky, medienpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Keine Partei habe zum JMStV eine durchgehend konsequente Position. Jede Partei, auch die LINKE (und zwar in Berlin), habe mal für und mal gegen den JMStV gestimmt. »Oft gegen die eigene Überzeugung und einzig aufgrund von Koalitions- und Fraktionszwängen oder gar politischer Deals.« Das beweise: Kaum jemand sei in der Lage, sich eindeutig für den »unausgegorenen« Vertrag auszusprechen.
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