Exportziel Kosovo

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 2 Min.

Langsam dämmert es hierzulande, dass sich »unser westliches Rechtsstaatsmodell nicht exportieren lässt«, wie eine Berliner Tageszeitung gerade kommentierte. Nicht nach Irak, nicht nach Afghanistan, nicht einmal in Europas Süden. Obwohl in Kosovo Heerscharen westlicher Rechtsstaatsexperten seit mehr als elf Jahren im »Exportgeschäft« tätig sind, klagte eine der unterlegenen Parteien nach der jüngsten Parlamentswahl, das »Manipulationsniveau« sei höher gewesen als in Afghanistan. Gewiss lässt sich der Vorwurf auch durch die Erfolglosigkeit der Beschwerdeführer erklären, doch dass demokratische Abläufe im EU- und NATO-Protektorat Kosovo immer noch durch Korruption und organisierte Kriminalität verhindert werden, gilt als Binsenweisheit.

Kurz vor der Abstimmung machte die Geschichte eines Mannes die Runde, der die Stimmen seiner 20-köpfigen Großfamilie zum Stückpreis von 50 Dollar anbot. Allerdings war das eine Lappalie im Vergleich zu den Vorwürfen, die gegen Hashim Thaci (»Der Sieg gehört uns!«) erhoben werden und die nicht nur auf Wahlmanipulation lauten. Der frühere politische Führer der »Befreiungsarmee Kosovos« (UCK) sei der eigentliche Boss der organisierten Kriminalität, besagt ein Bericht des Europarats. Nach dem Krieg sei er auch am Handel mit Organen serbischer Gefangener beteiligt gewesen. Ähnliches hatten schon der BND und Carla del Ponte herausgefunden, doch die »Rechtsstaatsexporteure« ließen sich nicht beirren: Sie protegierten Thaci als Garanten der Stabilität in Kosovo – und gratulierten zur »ruhig und ordnungsgemäß verlaufenen Wahl«.

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