Beschäftigte erwarten Zuschläge

Aufschwung trifft nicht alle / Lohndruck durch Niedriglohn bleibt

  • Christian Ebner, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Aufschwung erwarten die meisten Arbeitnehmer Lohnzuschläge und sichere Jobs. Nach jahrelangen Reallohnverlusten könnte im Zusammenspiel mit der niedrigen Inflation mehr in der Tasche landen – aber nicht für alle.

Im Zeichen des Aufschwungs erwarten die meisten Arbeitnehmer in Deutschland im kommenden Jahr kräftige Einkommenszuwächse. Knapp zwei Drittel (64 Prozent) halten zudem die aktuellen Lohnforderungen der Gewerkschaften für gerechtfertigt. Angesichts der anziehenden Konjunktur rechnet laut »Handelsblatt« jeder dritte Befragte mit einem Gehaltsplus von 2,5 bis 5 Prozent, wie eine repräsentative Umfrage der Agentur Faktenkontor und des Marktforschers Toluna ergab.

Parallel nimmt die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes ab, wie eine weitere Umfrage von Forsa im Auftrag des Finanzvertriebs AWD ergab. Derzeit hätten nur noch zwölf Prozent der Erwerbstätigen Sorge, dass sie im kommenden halben Jahr ihren Job verlieren könnten, hieß es. Auf dem Höhepunkt der Krise im Sommer 2009 hatte noch mehr als ein Fünftel der Befragten befürchtet, bald ohne Arbeit zu sein.

Noch haben die Tarifforderungen der Gewerkschaften nicht ganz das Vorkrisenniveau erreicht: Zwischen fünf Prozent bei Textil und bis zu sieben Prozent bei der boomenden Chemieindustrie werden derzeit von den Gewerkschaften aufgerufen. Die Inflation wird im kommenden Jahr bei etwa 1,2 Prozent erwartet. Die Lücke werde dafür sorgen, dass auch tatsächlich mehr Geld in den Taschen der Leute landet, sagt zum Beispiel Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln.

Ob das zusätzliche Geld wie von den Ökonomen erhofft in zusätzlichen Konsum fließt, ist zumindest fraglich: Knapp jeder Dritte würde zusätzliches Geld in eine bessere Altersvorsorge investieren. Einen aufwendigeren Lebensstil planen 18 Prozent, wie aus der Umfrage weiter hervorgeht. Knapp jeder Vierte denkt demnach darüber nach, ein mögliches Lohnplus in eine Urlaubsreise zu investieren.

Bei den Alternativen zu mehr Geld auf dem Konto steht ebenfalls die Altersvorsorge hoch im Kurs: Statt einer Gehaltssteigerung könnten sich 28 Prozent der Bundesbürger mit einer verbesserten betrieblichen Altersvorsorge anfreunden. 22 Prozent setzen auf berufliche Weiterbildung und knapp jeder Dritte findet, es gebe keine Alternative zu mehr Geld vom Arbeitgeber.

An der allgemeinen Entwicklung werden längst nicht alle Arbeitnehmer teilnehmen, warnt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung. Die Lohnentwicklung werde die schwachen Zuwachsraten des vergangenen Jahrzehnts nur langsam hinter sich lassen, meint IMK-Direktor Gustav A. Horn. Gründe dafür seien der anhaltende Lohndruck durch die schwach regulierte Leiharbeit, Minijobs und Arbeitsmarktreformen. Im gesamtwirtschaftlichen Schnitt sei 2011 nur mit effektiven nominalen Lohnzuwächsen von 1,6 Prozent pro Stunde zu rechnen. Das reiche nicht, um einen Konsumboom zu entfachen.

Zunehmend mehr Menschen versuchen daher, ihr Einkommen mit einem Nebenjob aufzubessern. Nach der Forsa-Umfrage ergänzen 15 Prozent der Erwerbstätigen ihren Hauptberuf durch eine weitere Tätigkeit, um am Monatsende finanziell besser dazustehen. Es handele sich häufig um Geringverdiener. Vor zwei Jahren hatte der Anteil der Deutschen mit Zweitjob lediglich 3,7 Prozent betragen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -