Apple mit Rekord und ohne Jobs
Erkrankung des Konzernchefs überschattete Bilanzvorlage
Kaum ein anderer Großkonzern wird derart mit nur einer Person verbunden wie Apple. Steve Jobs gründete die Firma in den 1970er Jahren zunächst als Computerschmiede in der nicht nur sprichwörtlichen kalifornischen Garage. 1985 wurde er aus dem eigenen Laden geworfen und erst 1997 wieder ans Steuer gebeten, als die Marke mit dem angebissenen Apfel so nahe an einem Konkurs war, dass der verhasste Konkurrent Microsoft mit Millionen aushelfen musste. Seit damals entwickelte der Egomane Jobs seine Firma von einem Nischenanbieter für Computer zum weltweit zweitwertvollsten Konzern überhaupt und erweiterte das Produktportfolio um Musikabspielgeräte, Mobiltelefone und Tabletrechner. Seit Jahren kämpft Steve Jobs aber auch mit den Folgen einer Krebserkrankung – 2009 musste er sich einer Lebertransplantation unterziehen.
Im Weihnachtsquartal rissen die Käufer rund um den Globus dem Konzern die Produkte ein weiteres Mal aus der Hand. Gewinn und Umsatz stiegen um erstaunliche 78 und 71 Prozent auf 6 Milliarden bei Erlösen von 26,74 Milliarden Dollar. In der Schatztruhe lagern nun 60 Milliarden Dollar als Barvermögen. Von Mac-Computern gingen 4,13 Millionen Stück über die Verkaufstheken (plus 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr), vom Mobiltelefon iPhone 16,24 Millionen Stück (plus 86 Prozent) und für den im Frühjahr neu eingeführten Tablet-PC iPad fanden sich 7,33 Millionen Abnehmer. Lediglich der Musikspieler iPod musste sinkende Stückzahlen hinnehmen – aber mit 19,45 Millionen Exemplaren gehörte das Gerät zu den Bestsellern unter den Weihnachtsbäumen. Auch der Ausblick in die unternehmerische Zukunft scheint ohne Wolken. Mit den Mobiltelefonen brachten die Kalifornier sogar den Handy-Giganten Nokia in Existenznöte.
Der einer Ersatzreligion ähnliche Personenkult um Firmengründer Jobs verstellt der breiten Öffentlichkeit den Blick auf das Unternehmen. Wichtige Präsentationen wurden von dem in den letzten Jahren immer in Jeans und schwarzem Rollkragenpullover gekleideten Manager absolviert. Die Arbeitsergebnisse der mehr als 46 000 Beschäftigten werden auf vermeintliche Geniestreiche eines charismatischen Egomanen reduziert. Deshalb studieren Analysten und Medienvertreter die Informationen über die möglichen gesundheitlichen Probleme von Jobs wie früher die Bulletins der Kreml-Ärzte. Auch nach der Meldung einer erneuten krankheitsbedingten Auszeit wird fabuliert, dass das Unternehmen ohne Jobs seine Innovationskraft verliere und einer schwierigen Zukunft entgegengehe.
Doch bei der Bekanntgabe der jüngsten Quartalszahlen am Dienstag wurde am Firmensitz Cupertino der Vorhang ein Stück gelüftet – in neuen Presseberichten ist vom Team hinter Steve Jobs die Rede. Das Tagesgeschäft leitet seit vielen Jahren Tim Cook, der seinen Chef schon mehrmals bei Krankheit vertreten hat. Diesmal vielleicht auf Dauer – denn die knappe Mail von Steve Jobs an die Beschäftigten enthielt im Unterschied zu früheren Memos keinen Hinweis auf ein Ende der Zwangspause. Alles hat seine Zeit – man wird sehen, ob aus Apple ohne den Mann im Rollkragenpulli, den seine Fans iGod nennen, ein »normales« Unternehmen wird. Es soll aber Religionen geben, die den Tod ihrer Stifter überdauert haben.
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