Wir sind doch alle Hamburger
HSV-Stadionsprecher Lotto King Karl zum morgigen Derby gegen St. Pauli
ND: Singen die Fans beider Mannschaften morgen gemeinsam Ihre Hymne: »Hamburg, meine Perle«?
Karl: Mal sehen. Beim Hinspiel am Millerntor – die haben dort die schöne Tradition, auch die Hymne der Gästemannschaft zu spielen – habe ich feststellen müssen, dass einige St. Pauli-Fans meinen Song absolut ablehnen, obwohl das Lied doch gar nicht gegen ihre Mannschaft gerichtet ist. Damit muss ich leben, nachdem ich mich auf das dünne Eis begeben habe, mich zu einem Verein zu bekennen. Aber letztendlich sind wir doch alle Hamburger!
Sie kultivieren ein proletarisches Image. Was macht der Barmbeker Jung' ausgerechnet beim HSV, der eher eine großspurige Aura verbreitet?
Ich bin mit meinem Vater als Sieben- oder Achtjähriger zum ersten Mal im Stadion gewesen. Das war beim HSV, und so bin ich da reingewachsen. Ich habe gar nichts gegen St. Pauli. Ich kenne St. Paulis Trainer Holger Stanislawski sehr gut. Ich sehe das Ganze total entspannt.
Ihre Verbindung zwischen Fußball und Rockmusik ist ziemlich ungewöhnlich im Musikgeschäft.
Herbert Grönemeyer hat es eben verpasst, sein »Bochum« immer live im Stadion zu singen, sonst wäre er der Erste gewesen.
Ihr Kapital als Künstler ist das Authentische. Wie passt das zur Legionärstruppe des HSV?
Dann nennen Sie mir mal die Mannschaft, in der nur Spieler aus der Region auflaufen! Und seien wir ehrlich: St. Paulis Gerald Asamoah ist auch nicht in der Hein-Hoyer-Straße hinter der Reeperbahn geboren. Außerdem komme ich aus Barmbek – einer Ecke, wo ein multikulturelles Umfeld normal ist. Wer ist schon »echter« Hamburger? Ich kenne Leute, die sind vor 30 Jahren aus Ägypten hergezogen, und die leben länger hier als manche, die darüber schwadronieren, wer sich als Hamburger bezeichnen darf und wer nicht.
In der Stadt ist Fußball Ideologiefrage. Fans von St. Pauli verstehen sich als Linke, um sich von denen des HSV abzugrenzen.
Das geht irgendwann zu weit! Und der Unterschied ist auch nicht mehr so groß. Mit dem neuen Stadion findet bei St. Pauli offenbar ein Umdenken statt. Ich kann verstehen, dass manche Fans damit Probleme haben; es sieht auch wirklich seltsam aus, wenn Punks zwischen diesen Glaswänden stehen. Aber Fußball ist eben ein Geschäft – selbst bei St. Pauli.
Ihre Prognose für die Saison, in die der HSV mal wieder voll großer Hoffnungen gestartet ist – bis die üblichen Rückschläge kamen?
Internationale Ränge sind noch immer zu machen. Erst mal muss eine kleine Serie her.
Und kann St. Pauli den Klassenerhalt schaffen?
St. Pauli ist mit einer der stärksten Mannschaften seiner Geschichte in die Bundesliga aufgestiegen, sie haben eine Chance – aber sie müssen sich auch sehr anstrengen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.