Kollaps mit Ansage
Das Rostocker Volkstheater musste wegen Baufälligkeit schließen – wie geht es weiter?
In Rostock nähert sich der Wahlkampf, da kommt man schon mal ins Träumen. So jüngst auch Roland Methling, Rostocks parteiloser Oberbürgermeister, der jüngst seine Visionen dargelegt hat: ein maritimes Museum, eine neue Warnowbrücke und einen Tunnel unter einer viel befahrenen Straße – und einen Neubau für das Volkstheater, am besten im Stadthafen, der sich zu einem schicken Kulturquartier auswachsen könne.
Schließung im Handstreich
An Letzterem wird auch konkreter gearbeitet: Ein Standortgutachten der Verwaltung, das sich für einen Neubau im Stadthafen ausspricht, soll demnächst der Bürgerschaft vorliegen. Jetzt aber erfahren diese Pläne eine ungeahnte Dringlichkeit: Nach der handstreichartigen Schließung des Großen Hauses des Theaters aufgrund von baulichen Mängeln »muss dringend kurz- und langfristig eine Lösung gefunden werden«, sagt Eva-Maria Kröger, Linkspartei-Fraktionschefin in der Hansestadt.
Dass das Große Haus baufällig war und auch nicht allen Vorschriften genügte, weiß man nicht erst seit gestern. »Spätestens seit letztem Jahr waren gravierende Mängel bekannt«, so Kröger. Zu diesen Mängeln zählt die Stadtverwaltung vor allem die »die derzeit nicht mögliche Trennung in Brandabschnitte und nicht ausreichend vorhandene getrennte Fluchtwege sowie Rauchabzugsöffnungen.«
Das Große Haus des Rostocker Volkstheaters war schon immer ein Provisorium. Bespielt wird es seit 1942, in den Siebzigerjahren wurde ein moderner Eingangsbereich errichtet. Und über einen Neubau wird an der Warnow auch schon seit vielen Jahren gesprochen – nicht zuletzt deswegen wurde kein Geld mehr in das bestehende Gebäude gesteckt. Zudem sind die Theatergelder im Nordosten aber auch knapp genug bemessen: Nach dem Theaterkonzept der Landesregierung gibt es jährlich 38,5 Millionen Euro – »zu wenig für die Werterhaltung bei der Bausubstanz«, klagt der Kulturpolitiker der LINKEN im Nordosten, Torsten Koplin.
Schachfigur im Budgetpoker
Kultusminister Henry Tesch (CDU) klingt widersprüchlich: Es sei nicht hinnehmbar, dass das Theater ohne reguläres Haus sei – doch sei zunächst die Stadt verantwortlich. Hilfen seien mit Konsolidierungsbemühungen verknüpft. Zwischen der Stadt Rostock und der Landesregierung schwelt ein Streit über den Rostocker Haushalt, das Innenministerium will die Hansestädter zu einem schnelleren Abbau der 190 Millionen Euro Schulden drängen. das Theater droht nun, zu einer Figur in diesem Schachspiel zu werden.
Unterhalb von 20 Millionen würde ein Neubau kaum zu haben sein; eine Notinstandsetzung wird auf 500 000 bis 1 Million Euro geschätzt. Das wäre viel Geld für ein altes Gemäuer. Zunächst muss aber eine Ausweichmöglichkeit gefunden werden. Als wahrscheinlich gilt ein vorläufiger Umzug in »Halle 207« im Stadthafen, wo seit einigen Jahren bereits das Sommertheater stattfindet.
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