»Zettelsalat« trifft nicht

  • Lesedauer: 2 Min.
Unser Gesprächspartner Manfred Brandt war für die Initiative »Mehr Demokratie« an der Ausarbeitung des neuen Wahlrechts beteiligt und verteidigt dieses.
ND: Die Zahl der ungültigen Stimmen hat sich gegenüber 2004 und 2008 nahezu verdreifacht. Folge des neuen Wahlrechts?
Brandt: Wir sollten die endgültigen Zahlen abwarten. Es gibt ungeklärte Stimmzettel, aber vor allem auch viele unbenutzte Stimmzettel. Das mag als Protest gewertet werden und hat möglicherweise auch mit der verunsichernden Kampagne gegen das neue Wahlrecht zu tun. Die Zahlen liegen trotzdem im unteren Bereich von Vergleichszahlen aus anderen Bundesländern.

Mit 57,3 Prozent verzeichnet die Bürgerschaftswahl 2011 die niedrigste Wahlbeteiligung aller Zeiten. Daran soll der Zettelsalat unschuldig sein?
Die Bezeichnung Zettelsalat für diese Stimmzettelhefte ist unangemessen polemisch und grob unfreundlich gegenüber dem Wahlamt. Dort wurde sehr hart gearbeitet. Ein neues Wahlrecht bei einer vorgezogenen Wahl mit sehr kurzen Fristen organisatorisch in den Griff zu bekommen, war eine Leistung, die Respekt fordert. Die kurzen Fristen machten es auch Parteien und Wählern nicht leicht.

Fachleute fordern, Politik müsse für den Wähler wie ein Eintopf funktionieren …
Menschen wollen, dass ihre Interessen wahrgenommen werden. Zu diesen gehört auch das Gemeinwohl. Das als Eintopf zu bezeichnen, mag plakativ sein, ist aber unpassend.

Ist das neue Wahlrecht nicht eine Erfindung von Akademikern für Akademiker, die den Normalverbraucher abschreckt?
Nach meiner Erfahrung gibt es in Schützenvereinen politisch Bornierte und politisch Kluge wie an Universitäten. Akademische Bildung hat wenig zu tun mit der Fähigkeit, Volksvertreter auszusuchen. Man muss erst einmal mit dem neuen Wahlrecht Erfahrungen machen. Das braucht Zeit.

Fragen: Volker Stahl

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