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Sarkozy wildert bei Rechtsextremen

Frankreichs Präsident zettelt erneut Debatte über Islam an

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.
Auf der Suche nach Themen, die seinen Popularitätsverlust aufhalten und seine Wiederwahlchancen für 2012 erhöhen könnten, hat Präsident Nicolas Sarkozy wieder einmal den Islam entdeckt.

Bei Treffen in den vergangenen Tagen mit Abgeordneten und Funktionären der Regierungspartei UMP hat Sarkozy »angeregt«, dieses Sujet für die nächsten Monate zum Schwerpunkt der öffentlichen politischen Diskussion zu machen. So soll Anfang April ein Parteikonvent zum Thema »Die Laizität und der Platz des Islam in Frankreich« abgehalten werden, dem ähnliche Veranstaltungen in allen Regionen des Landes folgen sollen. Bis zum Sommer soll nach Sarkozys Vorstellungen eine »Liste konkreter Vorschläge an die Regierung« zu der Thematik vorliegen. Der Präsident gibt schon mal ein paar Ideen dafür vor – etwa ein »feierliches Votum« beider Kammern des Parlaments, das den laizistischen Charakter der Republik unterstreicht. Zudem soll die Bedeutung des Gesetzes von 1905 über die strikte Trennung von Kirche und Staat deutlich gemacht und seine Umsetzung unter den heutigen Verhältnissen diskutiert werden.

Doch da zeigen sich schon die ersten Stolpersteine. Durch das Gesetz wurden beispielsweise alle Kirchen, von der kleinsten Kapelle bis zur riesigen Kathedrale, verstaatlicht. Je nach Größe sind jetzt der Staat, die Regionen oder die Kommunen für die Instandhaltung dieser Bauten verantwortlich, die den Kirchengemeinden zur kostenlosen Nutzung überlassen werden. Andererseits gibt es keine Kirchensteuer, sondern nur freiwillige und entsprechend dürftige Spenden der immer geringeren Zahl von Gläubigen. Von diesem Geld müssen die Geistlichen ihr Leben unterhalb der Armutsgrenze fristen – und neue Bauten finanziert werden.

Auch die Muslime sind auf Spenden angewiesen, wenn sie eine Moschee bauen wollen. Oft kommen die Gelder dafür aus den Golfstaaten, ebenso die Gehälter für viele Imame. Diese kommen ebenso häufig aus dem Ausland, sprechen nicht selten kein Französisch und lehnen die weltlichen Verhältnisse in Frankreich ab. Oft soll es vorkommen, dass diese Imame in scharfmacherischen Predigten gegen die Laizität hetzen. Dass gelegentlich in solchen Moscheen Teilnehmer für Al-Qaida-Ausbildungslager in Pakistan geworben oder Pläne für Anschläge in Frankreich diskutiert wurden, greifen rechte Politiker wie der UMP-Generalsekretär Jean-François Copé nur zu gern auf, um pauschal Misstrauen zu säen. Das geht in dieselbe Richtung wie kürzlich die öffentliche Kritik der neuen Parteivorsitzenden der rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, an Muslimen, die freitags ihre Gebetsteppiche auf der Straße ausbreiten und sich dort gen Mekka verneigen. Doch diese Gläubigen verrichten ihr Gebet nicht auf der Straße, um etwa katholische Franzosen zu provozieren. Es fehlt vielmehr an Moscheen und selbst an anderen Räumen, die dafür genutzt werden könnten. Hinzu kommen die anhaltende Diskussion um Kopftuch und Burka in der Öffentlichkeit oder am Arbeitsplatz, um die Forderungen nach »Frauentagen« in kommunalen Schwimmbädern und nach schweinefleischloser Schulspeisung, um den Kinderreichtum von Familien nordafrikanischer Herkunft.

Aus der Befürchtung heraus, dass die Front National die latente Angst vieler Franzosen vor einer »Islamisierung« der Gesellschaft in Wählerstimmen für sich ummünzen könnte, wollen der Präsident und seine UMP das Thema lieber zu ihren Gunsten instrumentalisieren. Als er vor einigen Jahren Innenminister war, hat sich Sarkozy für die Schaffung eines repräsentativen Islamischen Rates eingesetzt. Heute wettert er gegen diesen, weil er durch »extreme Kräfte unterwandert« sei. Als frischgewählter Präsident hatte Sarkozy demonstrativ einen hohen französischen Beamten nordafrikanischer Herkunft zum Präfekten ernannt. Dieser »Alibi-Moslem-Präfekt«, wie damals kritisiert wurde, ist längst auf einen weniger exponierten Posten versetzt worden. Heute sind Misstrauen und Abwehr angesagt.

Doch selbst zahlreiche rechte Politiker sind skeptisch über den neuen Vorstoß ihres Präsidenten. »Wenn man so eine Debatte lostritt, weiß man nie, wo man landet«, gibt beispielsweise der neue Außenminister Alain Juppé zu bedenken. Die linken Oppositionsparteien reagieren offen ablehnend und erinnern an die unseligen Debatten und Gesetzesinitiativen der Rechten zugunsten der »Nationalen Identität«, die die Spaltung der Gesellschaft noch vertieft haben. Dringend nötig wäre ihrer Meinung nach eine vernünftige Regelung für einen öffentlich geförderten Bau von Moscheen und die Ausbildung französisch sprechender gemäßigter Imame an staatlichen Universitäten.

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