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Ägyptens Regierungschef ausgewechselt

Von Mubarak ernannter Premier Schafik musste gehen / Nachfolger Scharaf hat Vertrauen der Demokratiebewegung

  • Gregor Mayer (dpa), Kairo
  • Lesedauer: 3 Min.
Erst haben sie Husni Mubarak gestürzt. Nun erzwingen die Aktivisten der Demokratiebewegung sanft, aber bestimmt einen Regierungswechsel in Kairo. Auf dem Tahrir-Platz stehen wieder Zelte. Noch sind einige Forderungen unerfüllt.

Drei Wochen nach dem Abgang von Präsident Mubarak kommen die Bürger Ägyptens immer noch nicht aus dem Staunen heraus. So stellte sich der Übergangspremier Ahmed Schafik am Mittwochabend im privaten Sender On TV einer dreistündigen Debatte – etwas, was noch kein ägyptischer Spitzenpolitiker je vor ihm getan hatte. Noch dazu musste er in der Live-Sitzung deutlich Federn lassen. Mit seiner überheblich-gönnerhaften Art entlarvte sich der ehemalige Luftwaffen-General und Ex-Minister für Zivilluftfahrt als Machtmensch der alten Schule.

»Ich habe Kampfflugzeuge geflogen, da waren Sie noch gar nicht auf der Welt!«, belehrte er einen jüngeren Gesprächsteilnehmer. Alaa al-Aswani, einer der bedeutendsten zeitgenössischen Schriftsteller des Landes, schleuderte ihm wiederum ins Gesicht: »Sie waren Teil des Mubarak-Regimes und früher auch Mitglied der Präsidenten-Partei NDP!«. Und er setzte nach: »Deshalb müssen Sie zurücktreten!«. Mit seinem Roman »Der Jakubijan-Bau« war Al-Aswani auch in Deutschland bekannt geworden. Schafik verwahrte sich vor laufender Kamera gegen dessen brüske Forderung. Doch bereits am nächsten Morgen reichte er beim regierenden Militärrat seine Demission ein.

Schafik war noch am 29. Januar von Mubarak zum Regierungschef ernannt worden. Der damalige Präsident hatte versucht, mit einer Kabinettsumbildung seine politische Haut zu retten. Die Massenproteste gegen seine Herrschaft hatten da gerade erst begonnen, doch am 11. Februar musste Mubarak unter dem Druck der Demokratiebewegung zurücktreten. Die Macht übergab er an den Militärrat, das Oberkommando der Streitkräfte. Das Gremium bestätigte kurz darauf das Kabinett Schafik als zivile Übergangsregierung im Amt – bis zu den nächsten Wahlen in voraussichtlich sechs Monaten.

Die Aktivisten der Bewegung hatten dies von Anfang an abgelehnt. Das Übergangskabinett reflektiere keinen Bruch mit der unseligen Mubarak-Ära, beanstandeten sie. Schafik, der das Image des Machers und Technokraten pflegte, habe in seiner Zeit als Minister und auch danach kein Wort über die Korruption verloren. Als er dann noch erklärte, man brauche nur »Zuckerstangen« an die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz zu verteilen, dann würden sie schon nach Hause gehen, machte er sich völlig unmöglich.

Anders als sein am Donnerstag ernannter Nachfolger Essam Scharaf: Auch er ist ein regierungserprobter Technokrat, trat aber 2006 aus Protest gegen Korruption und Misswirtschaft im Mubarak-Regime als Transportminister zurück. Die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz behandelte er nicht als »Kinder«, sondern solidarisierte sich mit ihnen. Für die Jugendbewegung 6. April, die mit zu den Organisatoren der Massenproteste zählte, war er ein Wunschkandidat. »Wir begrüßen seine Ernennung«, sagte Mohammed Adel, ein Sprecher der Organisation.

Auf dem Tahrir-Platz stehen wieder Zelte. Es sind nicht viele, aber einige Aktivisten bereiten sich auf diesen Freitag vor. Mit einer weiteren Großkundgebung will die Bewegung beweisen, dass der Druck nicht nachlässt, bis eine echte Wende erreicht ist. Mit dem Rückzug Schafiks ist eine wichtige Forderung der Demonstranten erfüllt worden. Zwei weitere bleiben: die nach Aufhebung des jahrzehntealten Ausnahmezustands und die nach Freilassung der politischen Gefangenen.

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