»King Olaf« in Hamburg gekrönt

Auch verpasstes Flugzeug in Togo verhinderte nicht die Wahl von Scholz zum Bürgermeister

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Hamburg zelebrierte gestern die Krönung von »King Olaf«. Als 13. Bürgermeister der Hansestadt nach dem Zweiten Weltkrieg wurde am Montag der SPD-Politiker Olaf Scholz vereidigt.

Verzögerungen im Ablauf hatten zuletzt noch Spekulationen genährt. Der 52-jährige Hamburger SPD-Chef und ehemalige Bundesarbeitsminister benötigte für seine Wahl mindestens 61 der 121 Stimmen. Der triumphale Wahlsieg bei der Wahl am 20. Februar hatte den Sozialdemokraten 62 Sitze in der Hamburgischen Bürgerschaft beschert. Doch am Nachmittag wurde bekannt, dass ein SPD-Abgeordneter nicht an der Abstimmung würde teilnehmen können, weil er in Togo sein Flugzeug verpasst hatte. Außerdem war bis kurz vor der Sitzung das Erscheinen einer weiteren SPD-Abgeordneten unklar. Sie hatte am Sonnabend ein Baby bekommen.

Die Abgeordnete kam trotzdem ins Rathaus. Außerdem erhielt Scholz die Stimme eines Abgeordneten der Opposition. Kurz nach halb sechs war die Entscheidung gefallen: 62 Stimmen fielen auf »King Olaf«. Den Spitznamen hat Scholz sich doppelt verdient. Erstens durch die 48,4 Prozent, die er nach einem auf seine Person zugespitzten Wahlkampf (»Hamburg muss wieder vernünftig regiert werden«) geholt hat. Der früher wegen seiner monotonen Sprechweise als »Scholzomat« Verspottete hat in den vergangenen Monaten beim Tingeln durch Bürgerhäuser, Veranstaltungssäle und Kulturzentren unter dem Motto »Olaf Scholz im Gespräch« deutlich an Profil gewonnen und die Hamburger mit seiner sachlich-nüchternen Art überzeugt. Zweitens durch das Ausmisten des Augiasstall SPD. Er hat nicht nur seinen einstigen Ziehsohn, den affärenbeladenen ehemaligen Hoffnungsträger Bülent Ciftlik kompromisslos aus der Partei geworfen, sondern auch die über Jahre tobenden innerparteilichen Grabenkämpfe beendet. Kein Scholz-Satz wird in Hamburg so häufig zitiert wie der 2009 nach seiner Wahl zum SPD-Landesvorsitzenden gesprochene: »Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch.«

Dass Scholz sich zuerst in geheimer Wahl von der Bürgerschaft wählen ließ und erst am 23. März die Regierungserklärung abgeben und seine Senatoren ernennen will, ist zwar ungewöhnlich, aber verfassungskonform. Scholz wird die Geschicke der Hansestadt bis zu diesem Datum alleine lenken. Unterstützen werden ihn dabei nur seine Staatsräte, weil die CDU-Senatoren gestern mit der Wahl des neuen Bürgermeisters automatisch ihre Ämter verloren haben.

So hat der Alleinherrscher bei der Suche nach seinem Spitzenpersonal noch rund zwei Wochen Zeit gewonnen und Denkzettel vermieden, die ihm bei der Pöstchenvergabe zu kurz Gekommene hätten verpassen können. Denn klar ist: Nach der Benennung von zwei parteilosen Kandidaten – Frank Horch (Wirtschaft) und Barbara Kisseler (Kultur) – muss er jetzt seine mit den Hufen scharrenden Genossinnen und Genossen bedienen.

Schneller als bei der Senatorensuche ist Scholz offenkundig bei der Abarbeitung seiner Wahlversprechen. Gestern vermeldete die BILD in großen Lettern exklusiv, dass der neue Senat die Kita-Gebühren zum 1. August senken wird. Das heißt konkret: Die von Schwarz-Grün beschlossene Gebührenerhöhung wird wieder kassiert, was den Eltern bis zu 116 Euro Ersparnis pro Monat bringt. Ziel des neuen Senats ist es, die fünfstündige Betreuung zum Ende der Legislaturperiode kostenlos anzubieten.

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