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Lob des Vetos
Wann immer die Rede auf den UNO-Sicherheitsrat kommt, steht das Vetorecht der fünf ständigen Mitglieder im Mittelpunkt der Kritik. Es widerspricht in der Tat dem demokratischen Anspruch der Vereinten Nationen: ein Staat, eine Stimme. Es stammt aus einer vergangenen Epoche, deren Machtgefüge nicht mehr dem heutigen entspricht. Es hat den Sicherheitsrat in Zeiten offenen Völkermords in Kampuchea und Ruanda zur Ohnmacht verdammt. Es ist einfach überrannt worden, um Krieg gegen Jugoslawien und Irak zu führen. Wozu also dieses Relikt aus Nachkriegszeiten und des schon beginnenden Kalten Krieges?
Es ist überflüssig wie ein Kropf, sagen die einen. Wir würden es am liebsten auch haben, sagt die Bundesregierung. Doch es wird weiter bestehen, so wie es ist. Und das hat auch seine Vorzüge.
Nehmen wir Libyen, wo Bürgerkrieg herrscht. Ausländische Mächte dürfen nach dem Völkerrecht in einer solchen Situation nicht intervenieren, auf keiner Seite, selbst wenn sie von einer darum gebeten werden. Das erscheint unerträglich. Nachdem man das Gaddafi-Regime Jahrzehnte gepäppelt und militärisch aufgerüstet hat, um Zugang zu den Ölfeldern zu erhalten, muss es jetzt beseitigt werden. Darüber sollte es keinen Streit geben. Doch wie soll das geschehen, nachdem man so lange Demokratie und Menschenrechte des libyschen Volkes dem Erdöl geopfert hat?
Das Problem stellt sich offensichtlich so dar: Wie kann man das Volk retten, ohne das Öl zu verlieren? Und wieder fällt einem nur das Militär ein. Was man Jahrzehnte versäumt hat, soll jetzt eine Flugverbotszone richten. Das klingt harmlos, aber die, die sie fordern, wissen genau, was das bedeutet.
US-Amerikaner, Engländer und Franzosen haben genug Erfahrung sammeln können mit den Flugverbotszonen, die sie in den neunziger Jahren über dem Norden und Süden Iraks durchgesetzt haben – ohne Mandat des Sicherheitsrats. Sie zerstörten die Infrastruktur des Landes und bereiteten den Krieg im März 2003 gegen Bagdad vor. Flugverbotszonen bedeuten Krieg, einen vierten Krieg nach Jugoslawien, Afghanistan und Irak. Dafür ist aber ein Mandat des UN-Sicherheitsrats notwendig. Das haben alle begriffen, von Clinton bis Westerwelle. Aber auch Waffenlieferungen an die Aufständischen, wie sie Obama vorgeschlagen hat, benötigen ein UNO-Mandat.
Russland und China haben schon ihr Veto angedeutet und dringen auf eine diplomatische Lösung auf dem Verhandlungswege, wie es auch Venezuelas Präsident Chávez vorgeschlagen und Gaddafi akzeptiert hat. Als wenn das keine ernsthafte Alternative wäre, setzen einige imperial gesinnte Parlamentarier wie Elmar Brok (CDU) auf die Beispiele Jugoslawien und Irak – ohne den UNO-Sicherheitsrat. Offensichtlich meinen sie, nachholen zu können, was der US-Army 1986 nicht gelang, als sie Tripolis und Bengasi bombardierte, um Gaddafi zu töten. Sie trafen seine Tochter und 60 weitere Opfer – ein Akt der Barbarei, der nie gesühnt wurde, dem nur ruinöse Sanktionen gegen die libysche Wirtschaft folgten.
Sollten sich die USA und die Staaten der EU noch einmal auf diesen wilden Ritt gegen UNO und Völkerrecht begeben, wäre den Menschen bestimmt nicht geholfen. Die Zahl der Opfer könnte schnell die Ausmaße des Gaza-Krieges erreichen – und der Verlust an Vertrauen in die Institutionen der UNO wäre endgültig irreparabel.
Das Vetorecht zwingt die Staaten, nach friedlichen Wegen durch Vermittlung und Diplomatie aus dem Bürgerkrieg zu suchen. Endlich eine positive Seite dieses Kriegsblockers. Gaddafi wird man dann immer noch vor den Strafgerichtshof in Den Haag stellen können, wobei man allerdings einige andere Kandidaten zwischen Jerusalem und Tripolis nicht vergessen sollte.
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