Abschied von künstlerischer »Leistungsschau«
Geplante Ausstellung »based in Berlin« zur Gegenwartskunst löst Diskussion über Kulturpolitik aus
Von der großen sommerlichen Kunstschau der Berliner Gegenwartskünstler, wie sie sich der Senat einmal vorgestellt hat, ist nur noch eine abgespeckte Variante übrig geblieben. Schon seit Längerem wurde von dem Gedanken einer »Leistungsschau« Abstand genommen. Zu sehr sprach durch den Begriff eine neoliberale Rhetorik, wandten Kritiker ein, als würde es bei künstlerischen Produktionen eine objektive Messbarkeit der Qualität geben. Nun heißt die Ausstellung »based in Berlin«. Der Titel spielt auf die in den Kiezen ansässigen Künstler an, die hier ihre Ateliers haben, doch ihre Werke in anderen Städten zeigen. Kunst solle jedoch auch hier sichtbar gemacht werden, sagt Fredi Fischli, einer der Kuratoren von »based in Berlin«. Das ist der Auftrag der Sommerschau, an der 80 Künstler teilnehmen.
Eigentlich sollte die Ausstellung am 7. Juni am Humboldthafen eröffnet werden und während ihrer siebenwöchigen Dauer ein Test für eine dauerhafte Kunsthalle an diesem Standort sein. Doch daraus wird nichts. Dringende Bauarbeiten an der Uferkante des Humboldthafens lassen dies nicht zu. Deshalb zieht die Ausstellung nun ins Atelierhaus in den Monbijoupark.
Das, was einmal ein großer Wurf sein sollte, schrumpft also zusehends. Das Bedauern darüber hält sich innerhalb der Berliner Kunstszene in Grenzen. Denn die Sommerausstellung ist umstritten. Mehr als 2300 Kunstschaffende unterschrieben im Januar einen Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und kritisierten die Schau. Am Freitag diskutierten die Initiatoren dieses Schreibens im Theater Hebbel am Ufer (HAU) mit Torsten Wöhlert, Sprecher der Senatskulturverwaltung, sowie mit Berliner Kuratoren darüber, was Kunst und Künstler in Berlin benötigen.
Wöhlert rekapitulierte auf dem Podium, wie die Idee für die Ausstellung erwuchs. Als der Palast der Republik sich vor seinem Abriss zu einem Ort für zeitgenössische Kunst wandelte, sei der Wunsch nach einem neuen Raum für Gegenwartskunst entstanden. Darauf habe der klamme Senat reagiert und aus dem laufenden Haushalt 600 000 Euro für eine wenigstens temporäre Ausstellung bewilligt; die Lottostiftung steuert eine weitere Million Euro dafür bei.
Dieses einmalige Engagement für die Künste wird allseits begrüßt. Allerdings stehe das Budget der Schau in keinem Verhältnis zur chronischen Unterfinanzierung der existierenden Institutionen für zeitgenössische Kunst, heißt es in dem Offenen Brief, der mit »Haben und Brauchen« überschrieben ist. Man bräuchte mehr Geld für Projektförderungen statt eines Prestigeprojektes, so der Tenor der Künstler im Publikum, die sich rege an der Diskussion beteiligten.
Gabriele Horn, Direktorin der Kunstwerke in der Auguststraße, verteidigte im HAU die Ausstellung. Ihre Einrichtung unterstützt »based in Berlin« und stellt der Ausstellung Räume zur Verfügung. Für Horn ist das selbstverständlich. »Berliner Künstler brauchen Platz, um ihr Schaffen zu präsentieren.« Wenngleich sie sich nicht darüber wundert, dass die Exposition auf viel Ablehnung stoße. »Die Ausstellung ist ein Katalysator für den Unmut der Künstler.«
Die Politik habe an den Bedürfnissen der Künstler vorbei investiert, wirft Ellen Blumenstein, Initiatorin des Offenen Briefs, dem Senat vor. Längst hätten in Berlin »Transformationserscheinungen« eingesetzt, mahnt Florian Wüst, Mitinitiator des Protestschreibens. Kunstschaffende würden aus den inneren Bezirken verdrängt, weil dort das Leben zu teuer geworden sei. Darauf müsse man reagieren. »Sonst braucht man eine solche Ausstellung gar nicht mehr wiederholen, weil die Künstler längst in andere Städte abgewandert sind.«
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